Kolumne # 656 vom 20.07.2013: Krieg im Gerichtssaal
20.07.13 (von maj) Der Freispruch des Mörders des Schwarzen Trayvon Martin war vorhersehbar
Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 166 – 20./21. Juli 2013
Der Prozeß gegen George Zimmerman hat bei vielen große Erwartungen geweckt, die jedoch am Ende enttäuscht wurden. Zimmermans Freispruch von der Anklage, den 17jährigen Trayvon Martin in Sanford, Florida, ermordet zu haben, wurde am Ende zum Weckruf für eine ganze Jugendgeneration. Überall in den USA hatten junge Leute den Fall zu ihrer Sache gemacht und waren dem jugendlichen Glauben verfallen, ihnen werde schon bald Gerechtigkeit widerfahren. Aber etwas zu glauben oder es zu wissen sind zwei grundverschiedene Dinge. Die Proteste nach Trayvons Ermordung haben den US-Bundesstaat Florida zwar gezwungen, Zimmerman vor Gericht zu stellen, aber es kam dabei nicht das heraus, was sich viele erhofft hatten. Zimmerman, Sohn eines Richters, verteidigt von einem Rechtsanwalt, der mit einer Richterin verheiratet ist, wurde der Prozeß gemacht, aber er lief völlig anders, als sich die Leute das vorstellten. Eine fast nur aus weißen Frauen bestehende Jury sprach Zimmerman schon nach knapp anderthalb Tagen Beratung frei.
Was bedeutet das? Es bedeutet genau das, was einem dazu in den Sinn kommt: Daß das Leben eines Schwarzen keinen Pfifferling wert ist! Daß andererseits das Leben eines Weißen privilegiert und bedeutend und daß die Angst der Weißen die treibende Kraft ist, von der das Geschehen im Gerichtsverfahren bestimmt wird. Denn wenn wir die beiden Grundbestandteile des Konflikts austauschen und davon ausgehen, es wäre Trayvon und nicht Zimmerman gewesen, der die Auseinandersetzung überlebt hätte – wer wollte bezweifeln, daß der Teenager geradewegs im Todestrakt des Staatsgefängnisses von Starke, Florida, gelandet wäre und seine berüchtigte Hinrichtungskammer von innen kennenlernen würde?
Trayvon hätte einen überarbeiteten und nur schlecht bezahlten Pflichtverteidiger bekommen, für den es schon ein Sieg gewesen wäre, im Prozeß für seinen Mandanten »nur« eine lebenslängliche Haftstrafe zu erreichen. Wer wollte bezweifeln, daß ein solcher Ausgang möglich gewesen wäre? Solange das aber die Wahrheit ist und man zu diesem Schluß kommen muß, ist das Gerede von »Gleichheit« genauso fantastisch wie Geschichten vom Weihnachtsmann. Wovon wir dauernd sprechen – Freiheit, Gerechtigkeit, Gleichheit und faire Prozesse – ist einfach nur Gerede. Erst wenn jemand einen Gerichtssaal betritt, kommen diese Begriffe auf den Prüfstand. Denn hier herrscht Krieg mit juristischen Mitteln.
Übersetzung: Jürgen Heiser
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