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Kolumne # 662 vom 31.08.2013: Nur die Maske ist neu

31.08.13 (von maj) Deprimierender 50. Jahrestag des »Marsches auf Washington«: Es hat sich nichts geändert

Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 202 – 31. August / 1. Sept. 2013

Sie kamen, sie sahen und sie sangen Lobeshymnen. Es war jedoch alles andere als ein Anlaß zur Freude mitanzusehen, wie jetzt der 50. Jahrestag des »Marsches auf Washington« vom 28. August 1963 gefeiert wurde. Es war sogar eher deprimierend, weil es so ähnlich war wie damals bei dem ursprünglichen Marsch, der zum 100. Jahrestag der Emanzipationserklärung von US-Präsident Abraham Lincoln stattfand, und wir einmal mehr an den unerfüllten Traum erinnert wurden.
Beim jüngsten Marsch wurden politische Figuren auf eine Weise gepriesen, die mehr ihre Hautfarbe in den Vordergrund rückte und weniger ihre Leistung. »Ist es nicht großartig, daß wir einen schwarzen Präsidenten haben?« fragen die Teilnehmer. »Wäre Martin Luther King nicht stolz, daß heute ein Schwarzer im Weißen Haus sitzt?« prahlen sie. King wäre alles andere als stolz, wenn er sehen würde, in welchem Zustand sich das schwarze Amerika heute befindet. Er wäre vielmehr traurig, wenn er mitansehen müßte, in welchen Verhältnissen die Schwarzen leben müssen, die heute an den nach ihm benannten Straßen, Alleen und Boulevards wohnen. Es würde ihn wütend machen, wenn er hören würde, wie Politiker heute seinen Namen für ihre verlogenen Visionen mißbrauchen und dabei von oben herab auf die Armen spucken. Und das durch die Welt geisternde Gespenst des imperialen Krieges würde Kings Seele krank machen, wie es einst der Vietnamkrieg tat.
King würde heute die Masseninhaftierungen und ihre ungeheuren Auswirkungen auf die schwarze Bevölkerung verdammen. Ihm wäre dabei völlig egal, welche Hautfarbe der Gefängnisdirektor hat. Statt ein faires und gerechteres System zu schaffen, wurde nur die Farbe des Systemmanagements gewechselt. Das ist es, was man »Wandel« nennt. Das Imperium hat nur eine andere Maske aufgesetzt, aber seine Existenz als blutsaugender Vampir dauert unvermindert an. Im Ausland richtet das Imperium weiter Chaos und Verwüstung an, und zu Hause nährt es die um sich greifende Unzufriedenheit.
Wenn etwas geschaffen wurde, dann ist es eine multiethnische Elite, aus der sich die Führungsklasse des im wesentlichen unveränderten alten Unrechtssystems bildet. Schwarze Bürgermeister, unter deren Regie öffentliche Schulen, die schwarze Kinder gratis besuchen können, zerstört und durch Privatschulen, in denen Schulgeld bezahlt werden muß, ersetzt werden. Schwarze Polizeichefs, die militarisierte und hoffnungslos rassistische Sicherheitskräfte befehligen. Und ein schwarzer Präsident, der als Oberbefehlshaber einer Berufsarmee fungiert, die im Interesse des Großkapitals Massenvernichtung begeht.
Das soll Fortschritt sein? Martin Luther King würde das heute sicher ganz anders sehen.

Übersetzung: Jürgen Heiser

 
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