Kolumne # 714 vom 30.08.2014: Aufwiegler von außerhalb
30.08.14 (von maj) Die Konzernmedien reagieren mit neuer alter Propaganda auf Proteste in Ferguson
Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 201 – 30./31. August 2014
Während der tage- und nächtelangen zornigen Proteste in Ferguson, Missouri, taten sich die Konzernmedien mit ihrer neuesten Kampagne hervor. Sie hetzten gegen die »Aufwiegler von außerhalb« und drängten darauf, sie aus Ferguson zu verbannen. Es ist schon eine Ironie der Geschichte, wenn schwarze Reporter und Polizisten, ja sogar schwarze Aktivisten, die sogenannten Aufwiegler von außerhalb verbal attackieren. Denn hätte es in den heißen Zeiten der Bürgerrechtsbewegung nicht solche Agitatoren von außerhalb gegeben, dann hätte es ganz bestimmt auch diese Bewegung nie gegeben.
Die Propaganda von den »Aufwieglern von außerhalb« haben sich Weiße in den Südstaaten der USA ausgedacht und verbreitet, als sie es nicht zulassen wollten, daß die ethnische Trennung von Schwarz und Weiß abgeschafft wird. Diese Rassisten verunglimpften damit in den 1960er Jahren weiße und schwarze Aktivisten aus dem Norden der USA, die gekommen waren, um Schwarze dabei zu unterstützen, sich als Wähler registrieren zu lassen, »Freedom Schools« zu gründen (alternative Schulen für Schwarze zur Erlangung sozialer, politischer und ökonomischer Gleichheit; jW) und sich den »Freedom Riders« anzuschließen. Das waren Bürgerrechtler, die in gemischten Gruppen gemeinsam Bus fuhren und damit bewußt Gesetze der US-Südstaaten brachen, die es Schwarzen vorschrieben, sich in den hinteren Teil der Busse zu setzen.
Als Martin Luther King jr. mit seiner Organisation, der Southern Christian Leadership Conference (SCLC), zu Protestmärschen im Baumwollstaat Alabama aufrief, beschimpfte der damalige Gouverneur dieses Bundesstaates, George Wallace, die Mitglieder der SCLC als »prokommunistische Berufsagitatoren«. Das kommt einem bekannt vor, weil es nicht viel anders klingt als die aktuelle Hetze gegen die »Agitatoren« oder »Aufwiegler von außerhalb«.
Diese Propagandaformel wirft die Frage auf: »Außerhalb« von was denn eigentlich? Außerhalb von Missouri? Außerhalb von den USA? Diese Nation nennt sich die »Vereinigten Staaten von Amerika« und gab sich bei ihrer Gründung eine Verfassung. Haben laut dieser Verfassung alle in diesem Land lebenden Menschen das Recht zu demonstrieren oder nur die Einwohner bestimmter Orte? Ist der Tod Michael Browns, der von einem weißen Polizisten erschossen wurde, etwa nur eine lokale Angelegenheit? Oder ist es nicht eher eine Angelegenheit von nationalem Interesse?
Es ist sicher nicht die Aufgabe der Medien, als Gesinnungspolizei »gute« Demonstranten gegen »böse« Demonstranten auszuspielen. Die Medien haben ganz klar den Job, über das zu berichten, was passiert und von öffentlichem Interesse ist. Basta. Sagen wir doch, wie es ist: Wären die Leute in Ferguson nicht tagelang zum Protestieren auf die Straße gegangen, dann hätten die Medien den Mord an Michael Brown ignoriert. Hätten die Medien aber schon davor ihre Pflicht erfüllt und über die brutale staatliche Gewalt berichtet, deren Opfer vor allem junge Schwarze überall im Land sind, dann würde Mike Brown vielleicht heute noch leben.
Schauen wir uns zum Schluß noch einmal die Polizei von Ferguson genauer an. Fast 98 Prozent der Beamten kommen von außerhalb. Sie sind Ortsfremde in Ferguson. Sie arbeiten dort, sie töten dort, aber sie leben nicht dort. Sie wohnen ringsherum in Nachbarorten mit vorwiegend weißer Einwohnerschaft. Wer also sind die wahren »Aufwiegler von außerhalb«?
Übersetzung: Jürgen Heiser
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