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Kolumne # 783 vom 21.12.2015: Auf dem Irrweg

21.12.15 (von maj) Das Schüren und Ausbeuten von Ängsten in der Bevölkerung ist für Politiker so normal wie die Lügen, mit denen sie ihre Kriege beginnen

Mumia Abu-Jamal * Link zum Artikel in junge Welt Nr. 295 vom 21. Dezember 2015: Bitte HIER klicken!

Auf dem Irrweg
In der Folge der blutigen Anschläge in Paris und des Überfalls auf eine Weihnachtsfeier in einer Behinderteneinrichtung im kalifornischen San Bernardino wurden Frankreich und die Vereinigten Staaten von einer Welle der Angst erfasst. In den USA haben prominente Politiker versucht, sich gegenseitig durch haarsträubende Argumente und Vorschläge zu übertreffen. Diese reichten von verbalen Angriffen auf die Familien von Menschen, die verdächtigt werden, Anhänger des »Islamischen Staats« zu sein, bis hin zu Plänen, in die USA eingereiste Kriegsflüchtlinge in Internierungslagern einzusperren.
In sehr kurzer Zeit kehrten damit die gleichen fremdenfeindlichen Wahnvorstellungen in die Köpfe der US-Bürger zurück, die in den 1940er Jahren der Grund dafür waren, dass über 100.000 Japaner – Männer, Frauen und Kinder, die zumeist US-Bürger japanischer Herkunft waren, möchte ich hinzufügen – in US-Lagern interniert wurden, nachdem die japanischen Streitkräfte am 7. Dezember 1941 die US-Pazifikflotte in Pearl Harbor angegriffen hatten. In den Jahrzehnten nach Ende des Zweiten Weltkrieges haben US-Präsidenten für dieses Unrecht um Entschuldigung gebeten, und es wurden Reparationszahlungen an die Überlebenden gezahlt, wenn auch nur in bescheidenem Umfang.
Heute jedoch schreien die Söhne und Enkel jener, die damals laut zeternd die Internierung der in den USA lebenden Japaner verlangten, nach Internierung der hier lebenden Syrer und Araber. Damit beweisen sie gleichzeitig, dass die erwähnten Entschuldigungen und Reparationszahlungen für die unmenschliche Behandlung der Mitbürger japanischer Herkunft nichts als Krokodilstränen waren.
Das Schüren und Ausbeuten von Ängsten in der Bevölkerung ist für Politiker so normal wie die Lügen, mit denen sie ihre Kriege beginnen. Sie können und wollen einfach nicht anders. Die naheliegende Frage ist doch: Warum gibt es nach einer Dekade gescheiterter und sinnloser Kriege heute nicht weniger, sondern mehr Ängste? Was stimmt nicht an diesem Bild der angeblich alternativlosen militärischen Strategie?
Die Politiker, die uns das Gift der Angst verkaufen, um ihre eigenen egoistischen Interessen durchzusetzen, führen die Nation auf einen Irrweg, der nur in der Katastrophe enden kann. Daraus kann einfach nichts Gutes entstehen.

Übersetzung: Jürgen Heiser

 
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