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Kolumne 958 vom 20.05.2019: Alltag Amoklauf

20.05.19 (von maj) Vor 20 Jahren schockierte das Massaker von Littleton die USA. Seither gab es Hunderte weitere Morde an Schulen

Mumia Abu-Jamal * Link zum Artikel in junge Welt Nr. 115 vom 20. Mai 2019: Bitte HIER klicken!

Alltag Amoklauf
Es ist zwei Jahrzehnte her, dass zwei 17 bzw. 18 Jahre alte Schüler im US-Bundesstaat Colorado ein Massaker unter ihren Mitschülern anrichteten. Der Amoklauf an der Columbine High School in der Kleinstadt Columbine nahe Littleton, einem Vorort von Denver, ging auch als »Schulmassaker von Littleton« in die Geschichte ein. Die beiden Schüler des Abschlussjahrgangs hatten am 20. April 1999 innerhalb einer Stunde zwölf Schülerinnen und Schüler, einen Lehrer und schließlich sich selbst erschossen, nachdem sie auch noch 24 weitere Menschen zum Teil schwer verletzt hatten.

Zu Recht wird dieses international bekannt gewordene Schulmassaker heute im Rückblick von vielen Menschen als etwas empfunden, das schon eine Ewigkeit her ist. Denn das Blut, das bei dem Amoklauf von Colum­bine vergossen wurde und die ganze Nation in einen Schockzustand versetzte, ist seitdem zu einem roten Strom angewachsen, der viele Menschen ins Verderben riss und eine Flut von Erinnerungen auslöste. Zwanzig Jahre später sind Amokläufe an Schulen in den USA zu etwas Alltäglichem geworden, das kaum noch Schlagzeilen macht. So traurig es ist, das sagen zu müssen, aber für viele sind Nachrichten darüber bereits »irgendwie langweilig«.

Amokläufe bieten einen Einblick in die Köpfe verstörter junger Menschen in den heutigen Vereinigten Staaten von Amerika. Sie empfinden in ihren jungen Leben offensichtlich eine unendliche Leere und Gefühlskälte, und diese Entfremdung schlägt bei ihnen in eine derart verzweifelte Wut über das verlorene Morgen um, dass sie nur noch Chaos und Verwüstung anrichten wollen. Sie haben jede Hoffnung auf ein sinnvolles Leben für sich verloren und setzen auch keinerlei Hoffnung mehr in die Zukunft dieses Landes, weil die etablierten Politiker keine Ideen mehr haben, wie der quälenden Lage der Jugend zu begegnen wäre. Nach den Massakern an Kindern der Sandy-Hook-Grundschule in Newtown (Connecticut) 2012 und Teenagern einer High School in Parkland (Florida) im Jahr 2018 sowie 206 weiteren Amokläufen seit Columbine zeigt sich keinerlei Lösung für dieses gesellschaftliche Problem. Die Regierung der Vereinigten Staaten, die meint, alles besser zu wissen und anderen Ländern überall auf der Welt Befehle erteilen zu müssen, hat selbst keinen blassen Schimmer, wie sie die Schulen für ihre eigenen Kinder in ihrem eigenen Land sicherer machen kann.

Übersetzung: Jürgen Heiser

 
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