Knete mit Knastkommunikation07.06.21 (von ivk-jw) USA: Post von in Pennsylvanias Staatsgefängnissen Inhaftierten an Privatunternehmen ausgelagert / Vertrag mit »Gefängnisprofiteur« Smartcom läuft im September aus und soll nach Forderung von Gefengenen und Solidaritätsbewegung auf keinen Fall verlängert werden
Link zum Artikel in junge Welt Nr. 129 vom 7. Juni 2021: Bitte HIER klicken! Knete mit Knastkommunikation Das gilt ausnahmslos für alle 25 Gefängnisse des Bundesstaats. Die Stelle befindet sich nicht in Pennsylvania, sondern Luftlinie rund 1.500 Kilometer entfernt im Bundesstaat Florida. Und sie ist auch keine staatliche Institution, sondern das Privatunternehmen Smart Communications Holding (Smartcom) mit Sitz im Ort Saint Petersburg. Die Postsendungen werden dort gescannt und anschließend digital an die jeweiligen Haftanstalten weitergeleitet. Dort werden meist schwache Kopien ausgedruckt und an die Empfänger verteilt. Die Originale, egal ob Postkarte, Brief oder Kinderzeichnung, werden für 45 Tage aufbewahrt und anschließend vernichtet. Angefangen hat die Umstellung der Kommunikation der Gefangenen mit der Außenwelt am 29. August 2018, als John Wetzel, der Leiter der Gefängnisbehörde Pennsylvania, dem »Department of Corrections« (DOC), für alle Staatsgefängnisse einen zwölftägigen Lockdown anordnete. An dessen Ende wurden neben diversen Haft- und Sicherheitsverschärfungen auch die Auslagerung und Privatisierung der Bearbeitung der Gefangenenpost verkündet. Es hieß, Justizvollzugsbeamte seien erkrankt, weil Briefe mit »Substanzen«, also Drogen, kontaminiert gewesen sein sollen. Neben der Tatsache, dass eine Untersuchung des US-Justizministeriums längst ergeben hat, dass gerade das Wachpersonal die Hauptquelle für eingeschmuggelte Drogen in Pennsylvanias Gefängnissen ist, wurde die von Wetzel vorgebrachte Begründung von verschiedenen Seiten als unwahr und vorgeschoben entlarvt. Geleakte Unterlagen aus den Akten des DOC, die auch jW vorliegen, beweisen, dass die Behörde schon im April 2018 im Kontakt mit Jon Logan stand, dem Inhaber und Geschäftsführer von Smartcom. So konnte Wetzel bereits am 4. September 2018, also wenige Tage nach Verhängung des Lockdowns, einen ohne öffentliche Ausschreibung zustandegekommenen »Notvertrag« mit der Firma in Florida schließen. Die Vereinbarung wurde auf drei Jahre befristet und garantierte dem Unternehmen ein Gesamtsalär von 15,8 Millionen US-Dollar. Als es auch bürgerlichen Presseorganen wie dem Philadelphia Inquirer verdächtig vorkam, dass »in sechs Tagen eine Firma gefunden und ein Plan für die Postkontrolle umgesetzt werden konnte«, behauptete Wetzel, Smartcom sei »die einzige Firma« gewesen, »die es so schnell machen konnte«. Was den Behördenleiter so zur Eile drängte, war indes ein ganz anderer Grund. Mit dem ausdrücklichen Segen von Gouverneur Thomas Wolf (Demokraten) reagierte Wetzels DOC mit den Haft- und Kommunikationsverschärfungen auf einen Streik, an dem sich auch Inhaftierte seines Machtbereichs beteiligt hatten. Streikkomitees in 17 US-Bundesstaaten hatten damals erklärt, vom 21. August bis zum 9. September des Jahres in einen befristeten Ausstand zu treten. Mit ihrer Arbeitsniederlegung in den industriellen, landwirtschaftlichen und Versorgungsbetrieben des gefängnisindustriellen Komplexes zeigten die Streikenden auf, dass mehr als die Hälfte der 2,3 Millionen eingesperrten Menschen in den USA wie Sklaven zur Zwangsarbeit gepresst werden. Der Streik schreckte die Behörden in Pennsylvania, weil er auch außerhalb der Mauern durch eine bislang nicht gekannte breite Solidaritätsbewegung unterstützt wurde. Die von der privatisierten Postkontrolle betroffenen Gefangenen kämpfen seitdem weiter gegen die Aushebelung ihrer Rechte und Ausspähung ihrer Kommunikation. Da der Vertrag mit Smartcom ausläuft und ab September erneuert werden müsste, soll in den kommenden Wochen mit Unterstützung der Solidaritätsbewegung der Druck auf das DOC und Gouverneur Wolf erhöht werden, den Vertrag mit dem »Gefängnisprofiteur« in Florida auf keinen Fall zu verlängern. |
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