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Kolumne 5.04.03: Schlacht für das Imperium

05.04.03 (von maj) Den USA ging es noch nie um »Befreiung« und »Demokratie«

Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 81, 5./6. April 2003

»Krieg ist Mord, und in der Eroberung schwacher ›schwarzer‹ Nationen durch mächtige ›weiße‹ Nationen zeigen sich bereits die Vorboten des Absterbens dieser Macht.«
W.E.B. DuBois 1920

Angesichts der ungezügelten Gewalt des US-Militärs kann es sein, daß Washington in absehbarer Zeit seine militärischen Ziele im Irak-Krieg erreicht. Aber das wäre nur das Ende eines Krieges. Es ist überhaupt keine Frage, daß dies Vorbote weiterer imperialistischer Kriege wäre, die uns mit ihren lasergesteuerten Waffen die kalten, grün-metallischen Bilder von Nordkorea, Iran oder Syrien vorführen werden. Es kann sein, daß das Irak-Abenteuer der Auslöser weiterer Kriege gegen Ziele ist, die sich die westliche Welt bereits ausgesucht hat.
Es ist völlig klar, daß dieser Krieg nicht geführt wird, um andere Kriege zu verhindern. Unsere Eltern und Großeltern sind mit dem Argument zum Narren gehalten worden, der Zweite Weltkrieg sei »der Krieg, der alle anderen Kriege beendet«. Der Irak-Krieg ist ein Krieg, der mit Sicherheit zu einer Vermehrung unbegrenzter Kriege führen wird.
Wieder ist ein arabisches Volk vom Westen gedemütigt worden, diesmal unter dem Propaganda-Feigenblatt der »Verteidigung der Menschenrechte«. Die Sprecher aus dem Pentagon und dem Weißen Haus und ihre Speichellecker in den Medien versichern uns, daß dieser Krieg ein »Krieg für die Freiheit« sei. Jeder Geschichtsstudent kann auf Anhieb ein halbes Dutzend Kriege nennen, die von ausländischen Aggressoren gegen Länder geführt wurden, »um sie zu befreien«. Als die USA wegen Kuba und Puerto Rico gegen die spanische Krone kämpften, gaben sie vor, diese Nationen aus den Klauen der spanischen Gewaltherrschaft befreien zu wollen. Tatsächlich aber wollten sie die beiden Inselstaaten in Kolonien verwandeln, um sie der modernen Form der Sklaverei zu unterwerfen. Die USA unterstützten sogar eine bewaffnete Invasion Kubas unter der Führung eines kubanischen Rebellen und Söldners namens Narciso Lopez, dem sie Geld und 600 zumeist aus Louisiana stammende Freischärler schickten. Lopez hatte den USA versprochen, mit Beginn der Invasion werde es einen Volksaufstand gegen die Regierung geben. Lopez und seine Truppen segelten nach Kuba, besetzten die Kleinstadt Cardenas und brannten die Residenz des Gouverneurs nieder. Aber der Volksaufstand blieb aus. Das kubanische Volk hatte nicht den Eindruck, von Lopez und den ihn stützenden USA »befreit« zu werden. Lopez entkam auf der Flucht nur knapp den spanischen Truppen. Das alles geschah im Mai 1850.
Oft genug liefern uns Regierungen Vorwände, mit denen die wahren Beweggründe für Kriege verdeckt werden sollen. Jene, die in diesen Kriegen kämpfen müssen, und selbst die, welche die Kriege aus patriotischen Gründen unterstützen, wissen selten, worum es in Wahrheit dabei geht. Doch in Zeiten des Internets und der heutzutage weltweit verbreiteten Fähigkeit, lesen und schreiben zu können, sind mehr und mehr Menschen in der Lage, die Schleier der Propaganda zu durchstoßen und die historischen und ökonomischen Analysen zu erstellen, um die wahren Gründe für den Irak-Krieg herauszuarbeiten. Die sichersten Gebiete im gesamten Irak sind die Gebiete um die Ölfelder von Rumaila. Was sagt uns das?
Es geht hier nicht um »Massenvernichtungswaffen«, es geht weder um die »Befreiung« Iraks noch darum, dem Mittleren Osten die »Demokratie« zu bringen. Es geht den Befehlshabern des Krieges schlicht darum, das Öl unter der irakischen Wüste in ihre Verfügungsgewalt zu bekommen. Es geht ihnen darum, das US-Imperium auszuweiten, das auf militärischen Gebiet keinen ernsthaften Konkurrenten mehr hat. Es geht um das, was Bush senior die »Neue Weltordnung« nannte. Es geht darum, korrupte Herrscher und Dynastien durch gefügigere und besser steuerbare Potentaten zu ersetzen, die vor Washington auf die Knie fallen, wenn es ihnen befohlen wird. Es geht um Neokolonialismus, eine gefälligere, gemäßigtere, »demokratische« Form des Kolonialimus. Aber es hat in der ganzen Menschheitsgeschichte keine »gefällige, gemäßigte« Herrschaft eines Landes über ein anderes gegeben. Rom wurde gefürchtet, nicht geliebt. Mit den USA ist es nicht anders.
Die USA haben einen langen, häßlichen und ungewissen Weg eingeschlagen, der nur für jene vielversprechend ist, die bereits trunken sind von Reichtum und Macht. Der US-Kongreß hat die Regierungsgewalt völlig an den Präsidenten abgetreten. Es bleibt allein ihm überlassen, Kriege zu führen, wo immer er will. Die angeblichen Volksvertreter haben die Entscheidung zu äußerster Gewaltanwendung, die Entscheidung darüber, Kriege zu führen, die Entscheidung über Leben und Tod einem Mann in die Hände gelegt, der weniger als ein Viertel der Wählerstimmen auf sich vereinigen konnte.
In diesem Krieg geht es tatsächlich um grundlegende Fragen der »Demokratie«.

Übersetzung: Jürgen Heiser

 
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