Kolumne 1.103 vom 31. Juli 2023: Gegen die Umdeutung schwarzer Geschichte31.07.23 (von maj) Am meisten fürchten die Propagandisten der weißen Vorherrschaft an der »Black History« das Wissen über den schwarzen Widerstand gegen den weißen Terrorismus im zwanzigsten Jahrhundert
Mumia Abu-Jamal * Link zum Artikel in junge Welt Nr. 175 vom 31. Juli 2023: Bitte HIER klicken! Gegen die Umdeutung schwarzer Geschichte Was die Sache verschlimmert, sind Behauptungen von einigen Abgeordneten, die für das Gesetzgebungsverfahren verantwortlich sind, die Sklaverei könnte sogar gut für die Schwarzen gewesen sein. US-Parlamentarier sind also nicht nur verdammt schlechte Historiker, sondern sie zeichnen sich vor allem durch eine gigantische Dummheit aus. Denn die sogenannte verborgene Geschichte, also unterdrückte Geschichtsschreibung, hat die Eigenschaft, wie das Wasser bei einem drohenden Deichbruch mehr und mehr durchzusickern, bis es zu einer mächtigen Flut anwächst, die den Damm zerreißt. Am meisten fürchten die Propagandisten der weißen Vorherrschaft an der »Black History« das Wissen über den schwarzen Widerstand gegen den weißen Terrorismus im zwanzigsten Jahrhundert, also über jene Kraft, die die Verhältnisse der »Reconstruction« umstürzte. Statt dessen sollen die nachwachsenden Generationen geschichtslos aufwachsen. Geschichtsbewusstsein zu unterdrücken ist jedoch eine sehr ernste Sache, wie uns Frantz Fanon (1925–1961) zeigte, der die von 1954 bis 1962 dauernde antikoloniale Revolution in Algerien bis an sein Lebensende unterstützte. Er verurteilte die französische Kolonialmacht für ihre Verfälschung der algerischen Geschichte. In seinem Klassiker »Die Verdammten dieser Erde« schreibt er, »dass der Kolonialismus sich nicht damit begnügt, der Gegenwart und der Zukunft des beherrschten Landes sein Gesetz aufzuzwingen. Er gibt sich nicht damit zufrieden, das Volk in Ketten zu legen, jede Form und jeden Inhalt aus dem Gehirn des Kolonisierten zu vertreiben. Er kehrt die Logik gleichsam um und richtet sein Interesse auch auf die Vergangenheit des unterdrückten Volkes, um sie zu verzerren, zu entstellen und auszulöschen« (Suhrkamp-Übersetzung, Frankfurt am Main 1966, S. 161). Diese Kolonialpolitik, die vor mehr als einem halben Jahrhundert gegen das kolonisierte algerische Volk gerichtet wurde, wird gegen das schwarze Amerika fortgesetzt. Was wir deshalb heute wieder brauchen, um unseren Kindern die Wahrheit über ihre eigene Geschichte zu vermitteln, sind »Freedom Schools«, Schulen der Freiheit und der Befreiung, wie es sie schon seit dem »Freedom Summer« 1964 in Mississippi gab. Am 21. Juli 2023 meldete die britische BBC, Florida habe »umstrittene neue Richtlinien für den Unterricht in afroamerikanischer Geschichte an den öffentlichen Schulen verabschiedet«. Künftig sollten Schüler auch lernen, »dass die Sklaven Fähigkeiten entwickelten, die sie zu ihrem persönlichen Vorteil einsetzen konnten«. Floridas Gouverneur Ron DeSantis, möglicher republikanischer Präsidentschaftskandidat für 2024, erklärte, er wolle mit dem Gesetz die »woke Indoktrination« im US-Bildungssystem bekämpfen. (jh) |
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