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Kolumne 25.08.07: Think-Tanks – »Stink-Tanks«

25.08.07 (von maj) Der US-amerikanische »Krieg gegen den Terror« hat das Gegenteil der Zielvorgaben erreicht

Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 197 - 25./26.08.2007

In den USA gibt es einen tiefsitzenden Haß gegen Intellektuelle, die ihren Kopf gebrauchen und den künstlich hergestellten nationalen Konsens in Fragen der Errichtung imperialer Macht und Dominanz stören. Der nationalistisch gesinnte Durchschnittsbürger begreift dieses Querdenken schnell als »Vaterlandsverrat«. Aber auch wenn dieses Verhältnis zu radikalen Minderheiten heute Alltag in den USA ist, hat diese Feindschaft gegenüber Intellektuellen nicht hier und erst jetzt ihren Anfang genommen.
1928 verfaßte der französische Schriftsteller Julian Banda seinen Klassiker »Der Verrat der Intellektuellen«. In seinem Werk kritisierte Banda die fatale Wirkung des Nationalismus auf die französischen Intellektuellen: »Das Verhältnis des Auslands zu Frankreich war in den letzten fünfzig Jahren von einer brutalen Voreingenommenheit gegenüber all jenen Franzosen gekennzeichnet, die ihre Nation schützen wollten und meinten, nur diejenigen seien wahre Patrioten, die diesen Fanatismus teilten. Ich behaupte nicht das Gegenteil, ich sage nur, daß die Intellektuellen, die sich diesem Fanatismus hingeben, ihre Pflicht verraten, einzig nach Gerechtigkeit und Wahrheit zu streben.«
Julian Banda schrieb diese Zeilen vor fast achtzig Jahren, als weder die Macht von Staaten noch die des Kapitals derart weltumspannend war wie heute. Viele Intellektuelle, die sich heute in Ergebenheit gegenüber dem Nationalismus zeigen, sind in Wahrheit der Macht der multinationalen Konzerne in unverbrüchlicher Treue verbunden. Sie schmücken sich gern mit den Namen der US-Think-Tanks, den finanziell bestens ausgestatteten Agenturen zur Maximierung kapitalistischer Globalisierung. Diese Think-Tanks waren es, die das ideologische Rüstzeug und das Wissen lieferten, um die USA in den Sog einer Politik von Krieg und Besatzung zu treiben. In ihren Prognosen versprachen sie, die »amerikanischen Befreier« würden von jubelnden und blumenschwenkenden Irakern empfangen und es werde »demokratischen Wandel« in der Region geben.
Christine Ahn hat unter dem Titel »Democratizing American Philanthropy« einen Artikel geschrieben, der im April 2007 in dem Buch »The Revolution Will Not Be Funded: Beyond the Non-Profit Industrial Complex« veröffentlicht wurde. Ahn zeigt darin auf, daß sich die wohlhabende Elite in den USA rechte Denkfabriken geschaffen hat, mit denen sie ihre gegen den Nationalstaat gerichteten Überzeugungen wissenschaftlich vertieft. Indem die Neocons diese Agenturen durch Zuschüsse und Spenden finanzieren, drückten sie ihnen auch ihren Willen auf, so Ahns: »Im krassen Gegensatz dazu haben ihre linksliberalen Gegenspieler nur ein Viertel von den 77 Millionen US-Dollar erhalten, mit denen Stiftungen und Einrichtungen wie die Heritage Foundation, das American Enterprise Institute (AEI), die Free Congress Research and Education Foundation, das Cato Institute und Citizens for a Sound Economy unterhalten werden. Fortschrittliche Institute hatten demgegenüber nur rund 18 Millionen US-Dollar zu Verfügung: das Institute for Policy Studies, das Economic Policy Institute, Citizens for Tax Justice, das Center for the Study of Social Policy, OMB Watch und das Center for Community Change.
Den [Irak-]Krieg haben wir Denkfabriken wie der Heritage Foundation, Cato, AEI und dem Project for a New American Century zu verdanken. Habgier ist seine Grundlage, und genährt wird er aus einer verbreiteten nationalistischen Arroganz. Aber der ›Krieg gegen den Terror‹, wie sie ihn nennen, hat das Gegenteil seiner Zielvorgaben erreicht: die Dschihad-Krieger wurden gestärkt und die mit den USA verbündeten Despoten der Region weiter isoliert. Oder ist die Macht des pakistanischen Präsidenten Pervez Musharraf nicht spürbar geschwächt, statt gestärkt? Ist Jordaniens König Hussein nicht in einer weitaus schlechteren Position als vor dem Krieg? Wackelt der Thron der Söhne König Sauds von Saudi-Arabien heute nicht stärker als je zuvor? Die US-Regierung hat den Mittleren Osten allein auf der Basis der strategischen Studien aus den Think-Tanks in ein absolutes Chaos gestürzt.«
Wie kann die Bush-Regierung heute, da sich diese Studien als fatale Fehleinschätzungen herausstellen, noch von einem zu erreichenden »Frieden« oder gar einem »Sieg« reden? Während ganze Orte in diesem Krieg pulverisiert und Schulen in Gefängnisse verwandelt werden und der Inhalt der Kriegskasse von einer Billiarde Dollar im irakischen Wüstensand versickert – wie kann jemand da noch die Hoffnung darauf nähren, daß am Ende irgendwer einen »Sieg« davonträgt? Die falschen Ratschläge der Think-Tanks stinken zum Himmel. Sie sind nichts anderes als Stink-Tanks.

Übersetzung: Jürgen Heiser

 
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