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Kolumne 27.06.09: Politik und Theater

27.06.09 (von maj) US-Präsident Obama ist vor allem ein Meister des Verschleierns seiner wirklichen Absichten

Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 146 - 27./28. Juni 2009

Die aktuellen Äußerungen von US-Präsident Barack H. Obama zum Krieg in Afghanistan und zur inneren Situation Irans machen es notwendig, sich noch einmal genauer mit seiner Anfang Juni in Kairo gehaltenen Rede zu befassen. Wie schon im Fall seiner Wahl zum Präsidenten, zieht Obama auch in bezug auf seine Rede mehr Nutzen aus dem, was er nicht ist, als aus dem, was er ist. Er ist nicht George W. Bush, ein Mann, bekannt dafür, die Sprache zu verstümmeln und seine Ansprachen in eine Tortur für die Zuhörenden zu verwandeln.
Mit seinem ruhigen, selbstbewußten Auftreten, seiner klaren Rhetorik, seiner Sachkundigkeit und seiner beeindruckenden persönlichen Geschichte bringt Obama Saiten zum Klingen, die noch kein US-Präsident vor ihm angeschlagen hat. Keiner der bisherigen US-Präsidenten hätte es je gewagt, eine solche Bühne zu betreten, weil sie sich der potentiellen Gefährdung ihrer Sicherheit in einer Region, in der Vertreter der USA als imperiale Tyrannen angesehen werden, immer bewußt waren. Wo frühere US-Präsidenten Arroganz zeigten, erzeugte Obama Mitgefühl. Wo seine Vorgänger provozierten, daß man sie für törichte Idioten hielt, bewies er Gelehrsamkeit.
Als ein Akt politischen Theaters war Obamas Auftritt in der Universität von Kairo zwar meisterhaft, aber eben nur Theater. In der Politik geht es immer um Macht, und da die Macht des US-Imperiums schwindet, war Obamas Rede ein Ruf nach Partnerschaft, gerichtet an Ägypten und die übrigen arabischen Länder – Partnerschaft im imperialen US-Projekt des Kampfes gegen »gewalttätigen Extremismus«. Insofern setzt Obama die von der Vorgängerregierung Bush-Cheney nach dem 11. September 2001 begonnene Sicherheitspolitik fort. Aber er versucht, die Politik des Alleingangs früherer Regierungen zu vermeiden. Er bezeichnete den Krieg in Afghanistan als »Notwendigkeit«, den Krieg gegen Irak aber als Krieg der Wahl, für den sich die USA »entschieden« hätten.
Damit wird die Frage interessant, warum er gerade Kairo als Ort für seine Rede den Vorzug gegenüber anderen arabischen Hauptstädten gegeben hat. Ägyten ist zwar ein großes muslimisches Land, aber längst nicht das größte. Diese Ehre gebührt Pakistan, wo fast dreimal so viele Muslime leben wie in Ägypten, das unter den zehn größten muslimischen Ländern den siebten Platz belegt.
Unter den muslimischen Ländern ist Ägypten aber sowohl auf dem zivilen als auch dem militärischen Sektor Empfänger der umfassendsten US-Auslandshilfe. Das Land am Nil ist alles andere als eine Demokratie, eine Tatsache, die Obama in seiner Rede höflich ausblendete. Weil es nämlich zu der Frage führen könnte, warum fast alle Verbündeten der USA in der Region Diktaturen sind, in denen die politischen Eliten Polizei und Militär vor allem brauchen, um die eigene Bevölkerung in Schach zu halten. Das sagt etwas aus über das Vertrauen, das die USA in die Segnungen der Demokratie setzen.
Die drei wesentlichen Charakteristika der bevorzugten Verbündeten der USA sind erstens eine brutale, auf Vernichtung des inneren Feindes ausgerichtete Armee, zweitens eine effektive Geheimpolizei und drittens die Anwendung von Folter. Obama hatte seine Zuhörer schon auf seine Seite gezogen, als er seine Rede mit »Salaam aleikum« begann, der allseits bekannten muslimischen Begrüßungsformel »Friede sei mit euch«. Traurig nur, daß man wohl kaum von Frieden reden kann, wenn sich die Regierung im Krieg mit der Bevölkerung befindet, um das korrupte Regime zu schützen.
Die Obama-Regierung verkauft diese Rede als »Neubeginn«, und das trifft angesichts der außergewöhnlichen politischen und rhetorischen Geschenke auch zu, die Obama nach Kairo mitbrachte. Er zitierte den Koran, sprach sich für die Gleichberechtigung der Frau aus und bezeichnete die israelische Politik gegenüber Palästina als das, was sie ist: Besatzung. Was jedoch der Inhalt dieses »Neubeginns« sein wird, muß sich erst noch zeigen.

Übersetzung: Jürgen Heiser

 
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