Kolumne 7.11.09: Schwimmen im Geld
07.11.09 (von maj) Die Party beginnt von vorn, der Dow Jones steigt, die Blase wächst erneut, bis zum Platzen. Wenn an der Wallstreet die Champagnerkorken knallen, gab es in Harlem noch nie einen Grund zum Feiern
Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 258 - 7./8. November 2009
Nach Veröffentlichung überraschend positiver US-Konjunkturdaten und Unternehmenszahlen stieg diese Woche der Dow-Jones-Index auf über 10000 Punkte an. An der Wallstreet in der New Yorker Finanzmetropole knallten daraufhin die Champagnerkorken, und die Börsianer feierten euphorisch. Wer genau hinhörte, konnte auf den Fluren der Banken und Versicherungskonzerne die Melodie von »We’re in the money, we’re in the money...« hören, der Mitte der 1930er Jahre populären Schlagerhymne auf das Ende der Großen Depression. Die Medien posaunten die gute Nachricht sofort über alle Kanäle hinaus in die Welt, begleitet von den neuesten Einschätzungen und Prognosen der Wirtschaftsexperten, daß die Rezession beendet sei. Die Frage ist: beendet für wen?
Was wir jetzt erleben, wird ironischerweise »eine Wiederbelebung der Wirtschaft ohne neue Jobs« genannt. Denn der Dow-Jones-Index reagierte auch auf die Veröffentlichung der als »überraschend gut« bezeichneten Daten der wöchentlichen Erstanträge der US-Arbeitslosenhilfe. Was nur bedeutet, daß sie nicht weiter sprunghaft angestiegen sind. Die Wallstreet mag frohlocken, aber auf dem Martin-Luther-King-Boulevard im New Yorker Stadtteil Harlem oder in anderen Arbeitervierteln überall im Lande besteht bestimmt kein Anlaß zur Freude. Und das liegt einzig und allein daran, daß nur die Wallstreet einmal mehr von den Subventionsgeldern aus den für die Wirtschafts- und Finanzwelt maßgeschneiderten Rettungsprogrammen der Regierung, die in die Hunderte von Milliarden gehen, profitiert hat.
Der Dow Jones Industrial Average (DJIA), in Europa kurz Dow-Jones-Index genannt, ist einer von mehreren Aktienindizes, die von den Gründern des Wall Street Journals und des Unternehmens Dow Jones, Charles Dow und Edward Jones, geschaffen wurden. Mit diesem Instrument sollte die Entwicklung des US-Aktienmarktes meßbar gemacht werden. Der Dow-Jones-Index ist an der New Yorker Börse der älteste noch bestehende Aktienkursindex der USA und setzt sich heute aus den Daten der 30 größten US-Konzerne zusammen. Was bedeutet nun der aktuelle Stand des Dow-Jones-Index? Er ist nichts als ein Zeichen des wiederbelebten Vertrauens des Big Business in das Knochengerüst, das ihm von der Regierung eingepflanzt wurde, und auch Ausdruck des Zusammenbruchs der Pläne für eine Reform des Krankenversicherungswesens, die ursprünglich den einfachen Menschen zugute kommen sollte.
Als das Weiße Haus noch mit dem US-Kongreß um eine Veränderung des Systems der Krankenversicherung rang, waren die Weichen längst gestellt und die Absprachen mit den Großkonzernen der US-Gesundheitsindustrie bereits getroffen. Was eigentlich hätte der immensen Profitmacherei der Versicherungskonzerne einen Riegel vorschieben können, wurde von der Regierung zurückgenommen, um die großen Versicherungskonzerne zu beruhigen, daß weder ihre Profite noch ihr Wachstum gemindert werden. Statt dessen wird der Erfolg des in seinen Inhalten auf ein Mindestmaß an Reform reduzierten Gesetzes, das die Regierung von Barack Obama nur mit Mühe durchsetzen kann, nur sein, den Versicherungen und der Pharmaindustrie Millionen neuer Kunden in die Arme zu treiben und die Kassen klingeln zu lassen.
Warum also sollten die Konzerne nicht jubilieren? Sie schwimmen wieder im Geld. Der gefeierte Anstieg des Dow-Jones-Index ist der Beginn einer neuen Finanzblase, in die alle Krisengewinnler feste hineinpusten, bis auch sie wieder platzt.
Übersetzung: Jürgen Heiser
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