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Auf dem Prüfstand

26.08.11 (von ivk-jw) USA: Anhörung zu Haftbedingungen in Kalifornien nach Hungerstreik der Gefangenen

Der nachfolgende Artikel erschien leicht gekürzt in junge Welt Nr. 198 – 26. August 2011 / Von Jürgen Heiser

In Sacramento, dem Sitz des kalifornischen Landesparlaments, hat am Dienstag nachmittag (Ortszeit) eine Anhörung zu den Haftbedingungen im Isolationstrakt des Pelican- Bay-Staatsgefängnisses stattgefunden. Die von Kundgebungen der Solidaritätsbewegung begleitete parlamentarische Anhörung fand auf Initiative des demokratischen Abgeordneten und Vorsitzenden des Ausschusses für öffentliche Sicherheit, Tom Ammiano, statt. Auslöser war der dreiwöchige Hungerstreik, an dem sich im Juli Tausende Gefangene in den kalifornischen Strafanstalten beteiligt hatten. Hauptforderung war dabei die Abschaffung der unbefristeten Isolationshaft.
Vor den Parlamentariern bezeichneten ehemalige Gefangene die Haftbedingungen in den sogenannten Security Housing Units (SHU) als Folter. 23 Stunden täglich sei man allein in einer Betonzelle, der sogenannte Hofgang finde in Käfigen von der Größe eines Schiffscontainers statt. Einer der Zeugen, Earl Fears, sagte, er sehe ein, daß man ihn als kleinen Dealer und Einbrecher mit Freiheitsentzug bestraft habe. In der Isolation des Corcoran Staatsgefängnisses sei er aber zusätzlich durch »großen emotionalen Streß« bestraft worden. Außerdem habe man ihm willkürlich Duschen oder verordnete Medikamente entzogen und Toilettenpapier verweigert. »Ich bin ein Mensch, und als Mensch habe ich bestimmte Rechte«, protestierte Fears.
Andere Zeugen schilderten die jahrzehntelange Isolierung von Häftlingen, weil Mitgefangene sie beschuldigt hatten, im Knast gebildeten Banden anzugehören. Solche Anschuldigungen könne man weder widerlegen noch anfechten, da diese Aussagen vertraulich behandelt würden. Zugleich werde das Denunziantentum systematisch gefördert, da das Anschwärzen von Mitgefangenen der einzige Weg sei, wieder aus dem Isolationstrakt herauszukommen.
Rechtsanwalt Charles Carbone aus San Francisco geißelte vor dem Ausschuß die »wilden Interpretationen« von Vollzugsbeamten, wer Gangmitglied sei und wer nicht. Er warf den schlecht ausgebildeten Beamten »rein subjektive Bewertungen« vor, die keinen objektiven Kriterien standhielten. Mehrere Angehörige von Gefangenen bestätigten seine Aussage. Beispielsweise habe es in einem Fall genügt, einen Häftling als Gangmitglied einzustufen, weil er das Buch »Soledad Bro­ther« des legendären Black Panthers und Gründers der schwarzen Gefangenenbewegung, George Jackson, besaß.
Unterstaatssekretär Scott Kernan kündigte an, Kalifornien wolle seine Regeln zur Isolationshaft revidieren, »und zwar im Laufe der nächsten Monate, nicht Jahre«. Seine Behörde trage Informationen über die Haftpraxis aus 28 anderen US-Bundesstaaten zusammen. Dort gebe es vergleichbare Sondertrakte, zur Verlegung aus diese reiche aber gute Führung aus. Künftig sollten »Insassen durch ein ausgewogenes System beurteilt werden, das es ihnen erlaubt, sich ihre Verlegung aus einem SHU-Trakt durch angemessenes Verhalten zu verdienen«.
Laut Kernan liegt die durchschnittliche Verweildauer eines Insassen im SHU-Trakt von Pelican Bay bei 6,8 Jahren. Rund 3.500 Männer befinden sich in den kalifornischen Isolationstrakten, 500 von ihnen ununterbrochen seit mehr als zehn oder zwanzig Jahren. Die Kosten dafür werden pro Häftling und Jahr mit 70.000 US-Dollar angegeben. Diese Ausgaben sollten besser für qualifizierte Ausbildungsprogramme eingesetzt werden, forderte Jenn Laskin aus Watsonville, die Sprecherin der Pajaro-Valley-Lehrervereinigung. In einem offenen Brief unterstützte sie eine der zentralen Forderungen der Hungerstreikenden, die Verbesserung der Bildungsprogramme in SHU-Trakten.
Ausschußvorsitzender Ammiano sagte abschließend, die Legislative habe sich immer wieder fruchtlos mit Beschwerden befassen müssen. Um das zu ändern, plane er weitere Anhörungen: »Ich bin entschlossen sicherzustellen, daß es in diesen Fragen Bewegung geben wird«.

 
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