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Kolumne # 565 vom 22.10.2011: Beruhigungspille Dow Jones

22.10.11 (von maj) Ein Wachstum der Wirtschaft ist in den USA schon seit 2009 nicht mehr gegeben

Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 246 – 22./23. Oktober 2011

Kommentatoren im Fernsehen beruhigen ihre Zuschauer gern mit Nachrichten über die Erholung der Wirtschaft und führen dazu positive Trends des tagesaktuellen US-amerikanischen Leitindex »Dow Jones Industrial Average« an. Der Dow-Jones-Index ist ein Durchschnittswert der Börsengewinne oder -verluste der dreißig größten Unternehmen. Diese sind den wenigsten Menschen bekannt, aber von einigen hat man die Namen schon einmal gehört: American International Group (AIG), General Motors (GM) und Citigroup Inc.
Der Dow Jones stellt nur eine Momentaufnahme einer winzigen Fraktion der nationalen Ökonomie dar, an seinem Ansteigen oder Fallen ist der Zustand der gesamten US-Wirtschaft nicht zu erkennen. Nach verläßlichen Bewertungen verzeichnet sie schon seit 2009 kein Wachstum mehr, sondern sie ist im Schrumpfen begriffen. Die Arbeitslosenrate war schon damals auf dem höchsten Stand seit 1983, und es wird erwartet, daß die Rezession die längste seit siebzig Jahren sein wird.
Schaut man sich in der Welt nach Staaten um, die in der jüngeren Vergangenheit positive Wachstumsraten aufweisen, dann treten zwei besonders hervor, die keine westlichen Länder sind: China und Indien. Was nicht heißt, daß sie sich keinen ökonomischen, sozialen und politischen Herausforderungen ausgesetzt sehen. Chinas Wirtschaftswachstum, das vor allem durch Exporte in die USA vorangetrieben wurde, war 2009 um fünfzig Prozent zurückgegangen. Allerdings konnte es durch eine Steigerung im Inland und größere Ausfuhren in andere Länder schon bald erhöht werden. Weiten Teilen Europas geht es nicht anders als dem großen amerikanischen Bruder – die Wirtschaft schrumpft.
Als sich 2009 die G-20-Staaten im schweizerischen Davos trafen, hielt Rußlands Ministerpräsident Wladimir Putin vor den versammelten Staatsführungen einen Vortrag, in dem er schon ein Ende des gegenwärtigen Weltwährungssystems forderte, das sich auf den US-Dollar stützt. In der März-Ausgabe 2009 der Labour & Trade Union Review wurde er mit der Aussage zitiert: »Die exzessive Abhängigkeit von einer einzigen Leitwährung stellt eine Gefahr für die gesamte Weltwirtschaft da. Konsequenterweise wäre es vernünftig, zu einem Prozeß zu ermutigen, in Zukunft mehrere starke Leitwährungen zu schaffen.«
Der US-Dollar in dieser Funktion dient Washington sowohl als Instrument des Handels mit Rohstoffen wie Öl als auch zur Investition in die eigenen Staatsanleihen (sogenannten Treasury Bills oder T-Bills). In beiden Fällen bringt das Hunderte Milliarden US-Dollar in die Staatskassen der Vereinigten Staaten. Würde dem ein Ende gesetzt, bedeutete das einen beispiellosen Wertverlust der amerikanischen Währung, und die Wirtschaft hier würde sich in einer Spiralwirkung weiter abwärts bewegen. Als größter Käufer von US-Staatsanleihen ist die Volkrepublik China deshalb seit einigen Jahren in einer einflußreichen Position.

Übersetzung: Jürgen Heiser

 
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