Kolumne # 578 vom 21.01.2012: Kampf statt Traum
21.01.12 (von maj) 15. Januar – Gedenktag für den US-amerikanischen Bürgerrechtler Martin Luther King
Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 18 – 21./22. Januar 2012
Der 15. Januar ist der alljährliche Gedenktag für den Bürgerrechtler Martin Luther King jr. In diesem Jahr bot die neu errichtete zehn Meter hohe Statue des King-Nationaldenkmals nahe der National Mall in Washington D.C. den Medien und der politischen Klasse einen besonderen Anlaß zum Feiern. Die schon am 16. Oktober 2011 offiziell eingeweihte Skulptur zeigt einen Dr. King, der seine Arme vor der Brust verschränkt hält und mit ernstem Blick in die Ferne schaut.
Es kommt einem jedoch so vor, als würden wir mit dieser Statue viel eher uns feiern als Martin Luther King. Das in Fels gehauene Abbild zeigt den King, wie ihn die Medien feiern, nämlich den des historischen 28. August 1963, also den King des »Marsches auf Washington«, den King, der ausrief »Ich habe einen Traum«, und keinen anderen. Nur diesen King sollen wir noch sehen, nur an ihn wollen uns Medien, Politiker und Eliten erinnern. Ihn sollen wir feiern, den im Jahr 1963 eingefrorenen Mann, und dabei ausblenden, daß er noch fünf weitere Jahre gelebt hat, in denen er wie die meisten anderen Menschen auch weiter reifte, sich entwickelte und veränderte.
In vielerlei Hinsicht wurde King durch die Einflüsse seiner Zeit geformt – die Bewegung gegen den Vietnamkrieg und die schwarze Freiheitsbewegung. Der King des Jahres 1967 unterschied sich sehr deutlich von dem, der 1963 zu Füßen des Abraham-Lincoln-Denkmals seine legendäre Rede hielt. Dr. Martin Luther King jr. ist aber nicht während dieses »Marsches auf Washington« gestorben. Er lebte weiter und wurde zu dem Mann, der noch ein Jahr vor seiner Ermordung in der Riverside Church in New York City eine vielbeachtete Rede hielt, in der er Rassismus, Militarismus und die Habgier des Kapitalismus anprangerte.
Verraten von seinen engsten Getreuen in der Southern Christian Leadership Conference, im Stich gelassen von seinen einstigen Verbündeten aus den Kreisen weißer Liberaler und von der weißen Konzernpresse verleumdet wegen seines klaren Standpunktes gegen den Krieg, hat er dennoch deutliche Worte gesprochen, als wäre er das Echo seines deutschen Namensvetters, des protestantischen Reformators Martin Luther, der angesichts der Angriffe katholischer Kirchenfürsten, die ihn zum Widerruf zwingen wollten, gesagt haben soll: »Hier stehe ich und kann nicht anders«.
Würde Martin Luther King jr. heute noch leben, dann wäre er 83 Jahre alt. Er würde sich das Treiben der Finanzzocker, der Kriegstreiber und der politischen Klasse, die einen Krieg gegen die Armen führt, genau anschauen, und dann würde er sich daran machen, den Protest gegen sie zu organisieren.
Übersetzung: Jürgen Heiser
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