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Kolumne # 603 vom 14.07.2012: Der Staat als Mörder

14.07.12 (von maj) Opfer von Polizeiterror müssen sich zu Widerstandsgemeinschaften zusammenschließen. Nur eine Bewegung kann die gesellschaftlichen Verhältnisse ändern, die Gewalt hervorbringen

Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 162 – 14./15. Juli 2012

Familien, die Opfer von Polizeigewalt wurden, werden vom System zum zweiten Mal zu Opfern gemacht, indem ihr Schmerz oder der erlittene Verlust ignoriert, heruntergespielt oder anderweitig abgetan wird. Menschen, die von der Polizei geschlagen oder mißhandelt oder deren Angehörige von der Polizei ermordet werden, gehen verändert aus diesen Erfahrungen hervor. Wer das erleben mußte wie ihr, die ihr hier versammelt seid, für den stürzt eine Welt zusammen, denn niemand hat euch darauf vorbereitet, weder in der Schule noch in der Kirche. Meist seid ihr allein mit Schmerz und Qual – bis ihr euch organisiert. Bis ihr euch mit anderen Gepeinigten zu einer Widerstandsgemeinschaft gegen die staatliche Repression zusammenschließt. Ihr alle habt gelitten, aber erst wenn ihr über den Schmerz hinausgeht, erfahrt ihr Stärke, und nur diese Stärke kann an dieser abscheulichen Situation etwas verändern. Und nur durch eure Einheit könnt ihr diese Stärke entwickeln.
Machen wir den ersten Schritt, indem wir den Machthabern die Wahrheit ins Gesicht sagen, wie es unsere Vorfahren Harriet Tubman und Frederick Douglass getan haben. Laßt uns die Dinge beim Namen nennen. Ich habe Polizeibrutalität am eigenen Leib erfahren. Als Teenager von gerade mal 15 Jahren nahm ich in Philadelphia an einer Protestaktion gegen den rassistischen Gouverneur George Wallace von Alabama teil, der 1968 für das US-Präsidentenamt kandidierte. Als wir den Veranstaltungsort verließen, wurden wir von der Polizei angegriffen und blutig geprügelt. Das kann man als Polizeibrutalität bezeichnen. Wenn aber euch nahestehende Familienangehörige umgebracht werden, eure Söhne, eure Brüder, dann ist das keine Polizeibrutalität, sondern Polizeiterror – Staatsterrorismus. Umgebracht, niedergemetzelt, ermordet wie der unbewaffnete 18jährige Ramarley Graham aus der New Yorker Bronx, der im Februar in seiner Wohnung von wilden Bestien in Uniform erschossen wurde, die aus Steuergeldern bezahlt werden. Bezeichnet es als das, was es ist: Polizeiterror. So ein Vorgehen »Polizeibrutalität« zu nennen, heißt, es zu verharmlosen. Das ist die Sprache der Medien und Politiker. Aber das ist nicht eure Sprache. Setzt eure Wahrheit dagegen. Es ist Polizeiterror.
Die Gewalt, die sie in den Stadtteilen der Schwarzen und Latinos ausüben, ist nichts anderes als das, was die Kolonialtruppen in den Gebieten der Indianer oder Ureinwohner angerichtet haben. Sie greifen an, fallen über Menschen her, beuten sie aus und terrorisieren sie. Sagen wir also die Wahrheit, denn nur sie kann Veränderung bewirken. Und nur ihr könnt an diesem entsetzlichen Stand der Dinge etwas ändern, indem ihr euch mit anderen zusammenschließt.
Laßt euch von den Politikern keinen Maulkorb umhängen, überlaßt es nicht den Medien, für euch zu sprechen, laßt euch nicht von Predigern in die Irre führen. Ihr wißt selbst am besten, was richtig ist. Fordert wirkliche Veränderungen und nicht nur »Black and Brown faces in high places« – schwarze oder braune Gesichter in hohen Ämtern. Fordert respektvoll behandelt zu werden, wie es alle Menschen verdienen. Fordert ein Ende für den Polizeistaatsterrorismus. Schließt euch zusammen und baut eine Bewegung auf, um das zu erreichen. Denn nur eine Bewegung kann die »öffentliche Ordnung« und die gesellschaftlichen Verhältnisse verändern. Und täuscht euch nicht: Was euren Angehörigen angetan wurde, ist Ausdruck eben dieser »öffentlichen Ordnung«. Genau dafür werden Polizisten ausgebildet und trainiert: die »Nigger« und ihre Ghettos unter Kontrolle zu halten. Das ist Staatsterrorismus. Und auch das ist die Wahrheit: Nur eine entschlossene und mit Elan kämpfende Bewegung kann daran etwas verändern. Also baut die Bewegung auf – werdet zu dieser Bewegung.

Übersetzung: Jürgen Heiser

Leicht gekürzter Beitrag für die Podiumsdiskussion »Ohne Gerechtigkeit kein Friede. Angehörige von Opfern der Polizeigewalt ergreifen das Wort«, die am 30. Juni in Chicago auf der Konferenz »Sozialismus 2012« stattfand.

Info und Video: www.wearemany.org

 
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