Kolumne # 611 vom 8.09.2012: Sterben für mehr Lohn
08.09.12 (von maj) Während streikende Bergarbeiter getötet werden, verdienen Minenbesitzer Milliarden
Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 210 – 8./9. September 2012
Das Massaker an streikenden Bergarbeitern in einer Platinmine im südafrikanischen Marikana vor etwa drei Wochen hat rund um den Globus Entsetzen und ungläubige Betroffenheit ausgelöst. 34 Kumpel waren in einem Kugelhagel aus Polizeigewehren getötet und 78 verwundet worden. Wie konnte das sein im heutigen Südafrika? Wie war es möglich, daß ein solches Massaker angerichtet wurde, obwohl das Apartheidregime doch seit 1994 der Vergangenheit angehört? Wie konnte das unter einer vornehmlich aus Schwarzen bestehenden und vom African National Congress (ANC) geführten Regierung geschehen? Der aufsehenerregende Vorfall spricht für sich selbst: Die in blaue Uniformen gekleideten schwarzen Polizisten waren von der Leitung der Lonmin-Bergbaugesellschaft gerufen worden, um Bergarbeitern entgegenzutreten, die mit einem wilden Streik höheren Lohn und bessere Arbeitsbedingungen forderten.
Ein Bergarbeiter der Lonmin-Platinmine verdient im Durchschnitt 4000 Rand, was etwa 480 US-Dollar entspricht. Die Streikenden forderten eine Erhöhung auf 12500 Rand oder 1500 Dollar im Monat. Tag für Tag dringen die Bergarbeiter mit ihren Preßluftbohrhämmern ins Gestein vor und versuchen, sich und ihre Familien mit ganzen 120 Dollar in der Woche zu ernähren. Als einige tausend streikende Kumpel sich weigerten, dem Befehl der Polizei zu folgen, sich von einem Hügel zurückzuziehen, griffen die Polizisten sie an und nahmen sie mit ihren automatischen Waffen unter Feuer. Für wen arbeiten diese Polizisten? Für die Arbeiter oder für die Betreiber und Eigentümer der Mine? Wem dienen Sie, und wen schützen sie?
In Marikana in der Nordwestprovinz Südafrikas liegt eine Mine mit einem der weltweit reichsten Platinvorkommen. Platin ist eins der wertvollsten und strategisch wichtigsten Edelmetalle der Welt. Und Südafrika deckt etwa 80 Prozent des weltweiten Bedarfs an Platin. Deshalb sterben streikende Bergleute für ein wenig mehr Lohn, während Bergwerksbesitzer und Investoren Milliarden mit diesem Geschäft machen. Im Kapitalismus dienen Polizisten denen, die es sich leisten können, sie zu bezahlen. Punkt. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.
Was Polizeigewalt und staatliche Massaker an Afrikanern betrifft, steht Marikana in einer Reihe mit Sharpesville. Am 21. März 1960 ließ das damalige rassistische Apartheidregime Südafrikas in dem Township bei Johannesburg eine friedliche Demonstration von der Polizei zusammenschießen. 69 Menschen starben, aber das Massaker löste starken Widerstand aus. Hoffen wir, daß Marikana auch in dieser Hinsicht in einer Reihe mit Sharpesville stehen wird.
Übersetzung: Jürgen Heiser
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