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Kolumne # 619 vom 3.11.2012: Blutleere Unterhaltung

03.11.12 (von maj) USA: Barack Obama und Mitt Romney unterscheiden sich nur im Stil voneinander

Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 256 – 3./4 November 2012

Es sind nur noch ein paar Tage bis zur Präsidentschaftswahl in den USA, und die Wellen der Emotionen schlagen hoch. Offizielle Politik ist in den Vereinigten Staaten von Amerika heute so blutleer wie eine Sportveranstaltung – meine Mannschaft gegen deine Mannschaft, mein Favorit gegen deinen Favoriten. Wie der Sport im allgemeinen ist auch die Politik zu einer perversen Form der Unterhaltung verkommen. So etwas wie »Amerika sucht den Superstar«, nur ohne Gesang.
Selbstverständlich gibt es dabei Sieger und Verlierer. Aber nachdem das Konfetti auf den Boden gesunken ist und die Kameras und Scheinwerfer ausgeschaltet wurden, kehren die meisten Menschen in einen Alltag zurück, der mehr von Verlust als von Gewinn gezeichnet ist.
Beide Kandidaten – der Demokrat Barack Obama und der Republikaner Mitt Romney – sind Globalisten. Sie fühlen sich beide mehr dem Big Business und der Wall Street verpflichtet als ihren Wählern. Ihre Gemeinsamkeiten sind größer als ihre Unterschiede. Beide Männer wurden als Außenseiter geboren, weit entfernt von dem Reichtum und der Macht, über die sie heute verfügen. Obama kommt aus bescheidenen Verhältnissen, er ist das Kind eines Afrikaners und einer weißen US-Amerikanerin aus Hawaii, dem entlegensten Bundesstaat der USA. Romney wurde als Sohn von Mormonen in Mexiko geboren. Die Mormonen sind eine christliche Sekte, die lange Zeit verfolgt wurde. In den 1850er Jahren hätten sie beinahe einen Krieg gegen die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika angezettelt, nachdem eine vorwiegend aus Mormonen bestehende Miliz im späteren US-Bundesstaat Utah ein Massaker an Siedlern eines westwärts ziehenden Wagentrecks verübt hatte.
Die beiden Kandidaten wuchsen also nicht als Kinder wohlhabender Familien auf, und nach ihrer Geburt hätte wohl kaum jemand geglaubt, daß sie dereinst die höchsten Gipfel der politischen Macht der USA erklimmen würden. Doch auch wenn sie sehr verschiedenen Verhältnissen entstammen, sind sich beide Männer sehr ähnlich. Unterschiedlich ist nur ihr jeweiliger persönlicher Stil, aber in der Substanz stimmen sie überein. Beide wollen ein im Niedergang begriffenes Imperium regieren, wollen ein untergehendes mangelhaftes System stützen. Sie sind beide in der Wolle gefärbte Kapitalisten, die aus dem existierenden System für sich hohen Profit schlagen, denn beide sind Millionäre. Egal, wer von den beiden letztlich auch gewinnen wird, die eigentliche Frage ist: Was haben die davon, die künftig von ihnen regiert werden?

Übersetzung: Jürgen Heiser

 
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