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UNHCR kritisiert US-Polizei
Der UN-Menschenrechtsrat (UNHCR) kritisierte die USA am Montag in Genf wegen ihres »bedenklichen Trends zum Einsatz unverhältnismäßiger Polizeigewalt gegen Minderheiten«. Die New Yorker Organisation »Human Rights Watch« erklärte ergänzend dazu, die US-Regierung habe es »weitestgehend versäumt«, Empfehlungen umzusetzen, die der Menschenrechtsrat 2010 zur Umkehr dieses Trends ausgesprochen hatte. Dabei sei es nicht nur um das Thema Polizeigewalt gegangen, sondern auch »um eine Untersuchung der ethnischen Ungleichbehandlung in der Todesstrafenpraxis«.
Derzeit läuft noch bis 15. Mai die turnusmäßige Sitzung des Ausschusses »Universal Periodic Review« (UPR). Dieser regelmäßigen Überprüfung der Menschenrechtssituation durch den UPR müssen sich seit dessen Gründung im Jahr 2006 alle 193 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen im Abstand von vier Jahren unterziehen. Am Montag mussten Keith Harper, US-Botschafter bei den Vereinten Nationen, und US-Rechtsreferentin Mary McLeod vor dem UPR-Arbeitsausschuss Rede und Antwort stehen. Hauptthema waren dabei die jüngsten Fälle von Polizeigewalt, die mit den Namen Michael Brown, Walter Scott, Freddie Gray, Aiyana Stanley-Jones über Rekia Boyd bis Tanisha Anderson verbunden sind und um die Welt gingen.
Laut RT rief die UN-Vertreterin Namibias, Gladice Pickering, die US-Vertreter in der Sitzung dazu auf, »eng mit den marginalisierten Bevölkerungsgruppen zusammenzuwirken«. Es gehe darum, das fehlerhafte Rechtssystem wieder in Ordnung zu bringen, »das sie trotz der jüngsten Protestwelle gegen ›Racial Profiling‹ und tödlicher Polizeigewalt gegen unbewaffnete Schwarze weiterhin diskriminiert«.
Laut einer von der US-Botschaft in Genf veröffentlichten Stellungnahme erklärte James Cadogan, leitender Beamter in der Bürgerrechtsabteilung des US-Justizministeriums, mündlich vor dem UPR-Ausschuss, sein Land müsse sich bemühen sicherzustellen, »dass unsere Bürgerrechtsgesetze halten, was sie versprechen«. Nirgendwo zeige sich die Bedeutung dieser Arbeit deutlicher als im Bereich der Polizeipraxis. Dazu sei eine »langjährige und kritische Debatte im Land« im Gange. Sein Ministerium sehe sich durch diese Ereignisse herausgefordert, »besser und härter für den Fortschritt zu arbeiten, sowohl durch Dialog als auch durch unser Handeln«, erklärte Cadogan.
Antonio Ginatta von »Human Rights Watch« bezeichnete die Auseinandersetzung der US-Regierung mit diesen gravierenden gesellschaftlichen Problemen als »stark in Worten, aber schwach in der Substanz«. Wie zum Gegenbeweis führte Cadogan an, gegen »mehr als 400 Beamte der Strafverfolgungsbehörden« seien »in den vergangenen sechs Jahren Strafverfahren eingeleitet worden«. Außerdem habe sein Ministerium am vergangenen Freitag Ermittlungen gegen das Baltimore Police Department wegen des Todes von Freddie Gray aufgenommen. Man sehe nun den »weiteren Empfehlungen und Fragen« des UPR-Ausschusses entgegen.
Dazu gehörten dann zum wiederholten Male Aufforderungen, das illegal auf kubanischem Territorium befindliche Militärgefängnis Guantánamo Bay zu schließen und die dort immer noch internierten 100 Gefangenen freizulassen. Vertreter der Länder Brasilien und Kenia brachten ihre Besorgnis über das Ausmaß des von den USA weltweit betriebenen Überwachungssystems zum Ausdruck, das 2013 durch den Whistleblower Edward Snowden enthüllt worden sei.
Angeführt von der schwedischen UN-Vertreterin Anna Jakenberg Brinck kritisierten vor allem europäische Länder die fortgesetzte Praxis der Todesstrafe in den USA und forderten ein »nationales Moratorium, das auf die völlige Abschaffung der Todesstrafe zielt«. Vor dem Hintergrund, dass in letzter Zeit Todeskandidaten große körperliche Qualen bei Hinrichtungen zu erleiden hatten, erging zusätzlich die Forderung an die US-Regierung, »volle Transparenz« über die bei den Exekutionen eingesetzten Drogen herzustellen. Laut Amnesty International rangieren die USA bei der Vollstreckung von Todesurteilen weltweit an fünfter Stelle hinter China, Iran, Saudi-Arabien und Irak.
Jürgen Heiser