Kolumne # 771 vom 28.09.2015: Politiker – Lakaien der Reichen

28.09.15 (von maj) Schaut man auf das aktuelle Angebot an Aspiranten für die nächste US-Präsidentschaftskandidatur, fällt es schwer, nicht sprachlos zu sein.

Mumia Abu-Jamal * Link zum Artikel in junge Welt Nr. 225 vom 28. September 2015: Bitte HIER klicken![1]

Politiker – Lakaien der Reichen
Schaut man auf das aktuelle Angebot an Aspiranten für die nächste US-Präsidentschaftskandidatur, fällt es schwer, nicht sprachlos über den hohen Grad ihrer Unterwürfigkeit gegenüber den Bedürfnissen und Ansprüchen der besitzenden Klasse zu sein. Wie junge Welpen, die sich unter der tätschelnden Hand ihrer Herrchen bepinkeln, scharwenzeln Politiker in der Hoffnung, ein paar Krumen vom großen Kuchen dafür hingeworfen zu bekommen, dass sie den Profitinteressen ihrer wahren Herren gute Dienste leisten, um die Füße von Milliardären. Diese Politiker fühlen sich zusätzlich ermutigt, seit der Oberste Gerichtshof der USA im Januar 2010 seine gewissenlose Entscheidung im Fall »Citizens United gegen Bundeswahlkommission« gefällt hat, mit der Unternehmen bei Wahlkampfspenden rechtlich natürlichen Personen gleichgestellt wurden. Der Einfluss potenter Wirtschaftsunternehmen auf Wahlen ist seitdem immens gestiegen.
Milliardären fällt es nicht schwer, ein halbes dutzend Meinungsumfragen in Auftrag zu geben und dadurch nicht nur zu entscheiden, wer kandidiert, sondern auch, wer gewinnt und welche Gesetze verabschiedet werden. Warum auch nicht – der Laden gehört doch ihnen, oder?
Aber das reicht diesen Herrschaften immer noch nicht, wie das Auftreten des New Yorker Immobilientycoons Donald Trump zeigt. Der prahlt bei jeder sich bietenden Gelegenheit mit seinem ungeheuren Reichtum. Indem er das tut, versucht er, seine potentiellen Rivalen einzuschüchtern, die es gewohnt sind, vor solchen Herren auf die Knie zu fallen. Trumps Kandidatur für die Republikanische Partei zeigt aber auch, wie stark das Misstrauen seiner Klasse ist, denn statt irgendwelche Politiker auf die Gehaltsliste seiner Unternehmen zu setzen, kandidiert er lieber selbst, um die Hegemonie seiner Klasse sicherzustellen.
Das betrifft aber nicht nur die Republikaner, denn auch die Kandidaten der Demokratischen Partei, die mit ihren Wahlkampagnen gezielt die Gefühle von Gewerkschaften und Werktätigen ansprechen, orientieren sich letztendlich an den Interessen der Wall Street – weil dort die Quellen für den Löwenanteil ihrer Wahlkampfspenden sprudeln. Ihre Strategie, die Arbeiterklasse mit schönen Worten an die Wahlurnen zu bringen, während sie in Wahrheit dem Kapital dienen, konnte man gut an der zerstörerischen Wirkung des »Nordamerikanischen Freihandelsabkommens« (NAFTA) sehen, das in den USA Millionen von Jobs im Produktionssektor vernichtet hat.
Der ehemalige US-Präsident Bill Clinton verhökerte das 1994 geschlossene NAFTA-Abkommen öffentlich wie ein Drogendealer, der Crack unter die Leute bringt und ihnen damit Träume verkauft, die sich schon bald als Schäume erweisen. Der Clinton-Clan kehrt jetzt durch die Kandidatur von Hillary Clinton auf die politische Bühne zurück. Sie spielt sich heute als Retterin der arbeitenden Klasse auf, nachdem das von ihrem Ehemann so geschätzte NAFTA-Abkommen jährlich Zehntausende Arbeitsplätze plattmachte, die Macht der Gewerkschaften untergrub und ungeheure Reichtümer in die Kassen der Wall Street spülte.
Als der Texaner H. Ross Perot für das Amt des US-Präsidenten der Legislaturperiode von 1992 bis 1996 kandidierte, sagte er voraus, das NAFTA-Abkommen werde eine »gigantische Jobvernichtung« in Gang setzen. Die »Experten« der Medien machten sich damals über ihn lustig und stempelten ihn als Deppen ab. Wie der konkrete Verlauf der Geschichte zeigt, hatte er jedoch recht. Bürgerliche Politiker sind Lakaien des Kapitals. Sie predigen Fortschritt, führen uns aber in die Katastrophe.

Übersetzung: Jürgen Heiser


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Stand: 24.11.2024 um 02:10:57 Uhr