Kolumne # 810 vom 27.06.2016: Organisieren!

27.06.16 (von maj) Zerschlagen hat sich im US-Vorwahlkampf nur Bernie Sanders’ Hoffnung auf die Erlangung des Präsidentenamts. Warum nicht auf der inhaltlichen Basis seines Wahlkampfs eine neue politische Partei oder eine politische Massenbewegung organisieren?

Mumia Abu-Jamal * Link zum Artikel in junge Welt Nr. 147 vom 27. Juni 2016: Bitte HIER klicken![1]

Organisieren!
Für die Millionen zählende Anhängerschaft von Bernard »Bernie« Sanders hat die Tatsache, dass der unabhängige Senator aus Vermont im US-Vorwahlkampf seiner parteiinternen Mitbewerberin Hillary Clinton unterlag, zu politischer Niedergeschlagenheit geführt. Grund ist die offensichtlich feststehende Entscheidung der beiden großen Parteien der Demokraten und Republikaner, die seit langem unbeliebtesten Kandidaten ins Rennen um das Präsidentenamt zu schicken.
Natürlich ist es nicht so, dass Hillary Clinton und Donald Trump keine Unterstützer hätten. Die haben die zwei ganz sicher, aber sie haben erschreckend Negatives aufzuweisen. Beide besitzen übermäßige Reichtümer, was nicht für, sondern gegen sie spricht. Denn in den heutigen politischen Zeiten herrschen gegenüber den Reichen ein ausgeprägtes Misstrauen und eine starke Abneigung.
Viele sehen gerade in der Auswahl von Trump und Clinton als kommende Konkurrenten um den Einzug ins Weiße Haus einen Beweis für die dem politischen System innewohnende Korruption. Vor allem seit der Oberste Gerichtshof der USA 2010 seine Entscheidung im Fall »Citizens United gegen Bundeswahlkommission« gefällt hat, mit der Unternehmen bei Wahlkampfspenden rechtlich natürlichen Personen gleichgestellt wurden. Seitdem ist der Einfluss potenter Wirtschaftskonzerne auf Wahlen immens gestiegen.
Diese Ansichten werden unter jungen Leuten stärker diskutiert als unter der älteren Generation, weil Menschen in jungen Jahren eher zum Idealismus neigen. Aber dieser Idealismus, diese Hoffnung, dieser ungeheuer starke Hunger nach Veränderung muss jetzt nicht erlahmen.
Zerschlagen hat sich jetzt nur Sanders’ Hoffnung auf die Erlangung des Präsidentenamts. Aber was heißt das für die Bewegung, die letztlich dafür gesorgt hat, dass die Öffentlichkeit überhaupt auf seine Wahlkampfthemen aufmerksam wurde? Ob es um den Kampf für ein ehrlicheres politisches System geht, um ein humaneres, im Gegensatz zu einem profitorientierten und nur an den Bedürfnissen der Versicherungsindustrie orientiertes Gesundheitssystem, den Aufruf zur Beendigung der Masseninhaftierungen, die Forderung nach Beendigung des Polizeiterrors – all diese Themen (und nicht ein bestimmter Kandidat allein) haben Millionen Menschen in Bewegung gesetzt.
Warum soll auf dieser inhaltlichen Basis nicht eine neue politische Partei gegründet werden? Warum organisieren wir mit diesen Themen nicht eine politische Massenbewegung? Was spricht dagegen?
Das herrschende politische System hat gegenüber Millionen von Menschen versagt. Warum kann es dann einfach so weitermachen? Warum erhält es weiterhin eure Unterstützung? Als der große Arbeiterführer Joe Hill 1915 in Utah zum Galgen geführt wurde, sagte er zu seinen Genossen: »Trauert nicht, organisiert euch!«
Trauert also nicht »Bernie« Sanders’ gescheitertem Versuch nach, Präsidentschaftskandidat der Demokraten zu werden – organisiert euch! Auch der großartige panafrikanische Anführer Kwame Toure (1941–1998), früher bekannt als Stokely Carmichael, hat klar gesagt, worum es geht: »Organize, organize, and organize!«

Übersetzung: Jürgen Heiser


Links im Artikel: 1
[1] https://www.jungewelt.de/2016/06-27/027.php?sstr=organisieren

Ausdruck von: http://freedom-now.de/news/artikel1416.html
Stand: 24.11.2024 um 01:48:08 Uhr