Kolumne 881 vom 6.11.2017: Im Dienst des Volkes

06.11.17 (von maj) Die Black Panthers haben ihre Politik nicht an den Interessen der Partei ausgerichtet, sondern an den Bedürfnissen der Armen

Mumia Abu-Jamal * Link zum Artikel in junge Welt Nr. 257 vom 6. November 2017: Bitte HIER klicken![1]

Im Dienst des Volkes
Huey P. Newton, der zusammen mit Bobby Seale 1966 die Black Panther Party (BPP) im kalifornischen Oakland gegründet hatte, nahm seine Arbeit mit der Absicht auf, sich ganz der afroamerikanischen Bevölkerung zu widmen, sie gegen Staat und Polizei zu verteidigen und ihren Interessen zu dienen. Für die US-Massenmedien waren die radikalen Kräfte der schwarzen Freiheitsbewegung schlicht »schwarze Militante«. Und wenn sie und ihre Aktionen bildhaft dargestellt wurden, bekam man meistens Fotos von jungen Männern und jungen Frauen zu sehen, die mit finsterem Blick in die Kamera schauten.

Huey setzte diesem propagandistischen Gebrauch von Stereotypen etwas entgegen, indem er schon sehr früh eigene Medien der Partei organisierte. Es fing an mit einem auf einer Mimeograph-Vervielfältigungsmaschine gedruckten Rundbrief, der verschickt und über den damals beispielsweise sehr schnell die Nachricht verbreitet wurde, dass in Richmond an der Westküste Kaliforniens ein junger Schwarzer von Polizisten erschossen worden war.

Bei den Black Panthers stand die afroamerikanische Bevölkerung im Zentrum der Arbeit, nicht die Partei. Den Mitgliedern wurde schon am ersten Tag beigebracht, dass es ihre Aufgabe ist, dem Volk zu dienen. In diesem Geist wurden BPP-Programme begonnen, in denen Kindern morgens ein freies Frühstück bekamen. Es wurden Kleiderausgaben organisiert, in denen man sich kostenlos einkleiden und mit Schuhen versorgen, oder freie Kliniken eingerichtet, in denen man sich medizinisch behandeln lassen konnte.

Diese Programme, die in Kirchen und Parteibüros in die Tat umgesetzt wurden, dienten dazu, enge Beziehungen zwischen der schwarzen Bevölkerung und der Partei zu entwickeln. Es gab kaum andere revolutionäre Organisationen oder Kollektive in den USA, die sich durch eine vergleichbare Praxis auszeichneten.

Im November 1970 hielt Huey P. Newton eine Rede am Boston College, in der er die Hilfsangebote der Black Panthers erläuterte. Er sagte, um existieren zu können, müssten wir unser Überleben sichern. Dafür bräuchten wir eine Überlebensausrüstung wie das Zehnpunkteprogramm der BPP. Daraus ergebe sich, dass unsere Kinder nur dann gesund und mit kreativen Köpfen aufwachsen, wenn sie eine entsprechende Ernährung erhielten. Aus diesem Grund sei das Frühstücksprogramm für Kinder geschaffen und der Zugang zu freier medizinischer Versorgung in den Wohnvierteln ermöglicht worden. Wichtig sei auch der kostenlose Busdienst, damit Eltern und Verwandte, deren Angehörige in weit entfernten Strafanstalten eingesperrt sind, diese besuchen könnten. Dieser sei organisiert worden, weil das faschistische Gefängnisregime in den USA seine heimtückische Politik am liebsten im verborgenen betreibe. Wenn wir jedoch den Angehörigen und Freunden der Gefangenen mit den kostenlosen Fahrten die sonst seltene Gelegenheit verschafften, zum Besuch in die Haftanstalten hineinzugehen, bekämen sie dadurch auch die Möglichkeit, die Machenschaften hinter den Mauern an die Öffentlichkeit zu bringen. Seine Ausführungen schloss Huey mit den Worten, es sei das Volk, das die Revolution mache, und nicht die Partei.

Aus all dem ergibt sich, dass die Politik der BPP von dem Leitmotiv getragen wurde, dass es zuallererst um das Überleben und das Wohlergehen des Volkes gehen muss. »Volk« steht hier für den Teil der US-Bevölkerung, der seit jeher am meisten unterdrückt wird: die Schwarzen, die Armen. Aus ihren Reihen rekrutierte die Partei ihre Mitglieder. Auf sie richtete die BPP ihre Politik aus, und für sie entwickelten die Panthers ihre Hilfsprogramme.

Übersetzung: Jürgen Heiser


Links im Artikel: 1
[1] https://www.jungewelt.de/artikel/321222.im-dienst-des-volkes.html

Ausdruck von: http://freedom-now.de/news/artikel1575.html
Stand: 24.11.2024 um 01:01:37 Uhr