Kolumne 959 vom 27.05.2019: Nach dem Wahlkampf

27.05.19 (von maj) Die herrschende Politik soll den Status quo bewahren. Veränderungen sind nicht vorgesehen

Mumia Abu-Jamal * Link zum Artikel in junge Welt Nr. 121 vom 27. Mai 2019: Bitte HIER klicken![1]

Nach dem Wahlkampf
Wenn Politiker und politische Parteien öffentlich »bessere Zeiten« versprechen und wie in der Weihnachtszeit die Hoffnungen auf große Geschenke wecken, dann sind wieder Wahlkampfzeiten angebrochen. Wie weiland der französische König Heinrich IV. von Navarra (1553–1610) »jedem Bauern am Sonntag ein Huhn im Topf« versprach, verheißen die Kandidaten auch heute große Taten und verkaufen ihre politischen Programme mit breitem Lächeln. Manche führen beim Buhlen um die Gunst ihrer Wähler sogar regelrechte Schautänze auf.

Aber wenn die Wahlkämpfe vorbei und die Stimmen ausgezählt sind, bleibt in der Regel nicht viel übrig von den großmäulig gegebenen Versprechen. Denn das ist naturgemäß der Lauf der Dinge im gegenwärtigen politischen System und in seinen permanenten Wahlkampfperioden. Die Grundformel ist dabei immer die gleiche. Schritt eins: Versprich alles. Schritt zwei: Halte möglichst wenig davon. Das garantiert, dass sich am Status quo so gut wie nichts ändert.

Das heißt, dass die herrschenden »Eliten«, die vorher schon an der Macht waren, diese auch weiterhin in den Händen halten. Echte Veränderung würde indes bedeuten, dass es zu einem wirklichen gesellschaftlichen Wandel zwischen der Minderheit der Machthaber und der Mehrheit jener kommt, die machtlos sind.

Die repräsentative Demokratie der bürgerlichen Gesellschaft gibt vor, dass die gewählten Politiker auch die Menschen wirklich vertreten, die für sie gestimmt haben. Aber in Wahrheit vertreten sie nur die, die ihren Wahlkampf durch Großspenden finanziert haben. Motto: Du bekommst, wofür du bezahlst. Die Stimmen der Wähler gibt es gratis, nicht aber die Politiker.

Politik, wie sie heute betrieben wird, ist nicht dazu da, Veränderungen zu erreichen. Sie soll vielmehr den Staus quo sichern. Wer wirklich danach strebt, das Volk zu vertreten, muss in der Lage sein, die Nöte der Bevölkerung zu erspüren, zu verstehen und ihre Interessen zu vertreten. Derartige Volksvertretungen gibt es bei uns noch nicht. Sie auf die Beine zu stellen wäre wirklich ein verdammt großer Fortschritt!

Übersetzung: Jürgen Heiser


Links im Artikel: 1
[1] https://www.jungewelt.de/artikel/355559.nach-dem-wahlkampf.html

Ausdruck von: http://freedom-now.de/news/artikel1708.html
Stand: 24.11.2024 um 01:36:07 Uhr