Kolumne 962 vom 17.06.2019: Kampf um das Augenlicht

17.06.19 (von maj) Eine Würdigung der Ärztin Patricia Bath (mit einem Nachtrag zu Mumias gesundheitlicher Situation)

Mumia Abu-Jamal * Link zum Artikel in junge Welt Nr. 137 vom 17. Juni 2019: Bitte HIER klicken![1]

Kampf um das Augenlicht
Der Name Patricia Bath ist bestimmt vielen nicht geläufig. So ging es mir selbst bis vor wenigen Tagen, als mir ein Mitgefangener einige Nachrufe verschiedener Zeitungen zu lesen gab. Was dort über das außergewöhnliche Leben und Werk dieser Ärztin geschrieben stand, bewegte mich sehr. Ihren Doktor der Medizin hatte sie an der privaten Howard University (HU) in Washington, D. C., erworben, einer der historischen schwarzen Universitäten der USA. Danach absolvierte sie ihre praktische Ausbildung am Harlem Hospital Center in dem schwarzen Stadtteil von New York City, in dem sie 1942 geboren worden war.

Weil sie dort feststellte, dass Schwarze in den USA doppelt so häufig erblinden – aufgrund von Glaukom sogar achtmal so häufig –, es jedoch in Harlem dafür keine speziellen Fachärzte gab, begründete sie 1976 das »Amerikanische Institut zur Erblindungsprävention« und erklärte den Erhalt des Sehvermögens zu einem der grundlegenden Menschenrechte. Sie wurde damit zur Pionierin einer neuen medizinischen Disziplin, der »Gemeinde-Augenheilkunde«, die durch Aufklärungsarbeit im Bereich öffentlicher Gesundheitsvorsorge und die Bereitstellung lokaler medizinischer Dienstleistungen gegen Erblindung vorbeugen soll.

In ihrer weiteren medizinischen Laufbahn spezialisierte sie sich auf Augenheilkunde und wurde als erste Frau an der Fakultät des Jules Stein Eye Institute der University of California in Los Angeles (UCLA) tätig. 1974 wurde sie stellvertretende Ausbildungsleiterin des dortigen King-Drew-UCLA-Programms für Augenheilkunde, 1983 wurde sie zur Leiterin befördert. In ihrer wissenschaftlichen Forschung entwickelte sie Therapien und Geräte, um Patienten mit chirurgischen Eingriffen zu heilen, die am »grünen Star« (Glaukom), der Erhöhung des Augeninnendrucks, oder dem »grauen Star« (Katarakt), der Trübung der Augenlinse, erkrankt sind und zu erblinden drohen.

In den 1980er Jahren trug sie maßgeblich zur Erforschung des Einsatzes der Lasertechnik in der Augenheilkunde bei. 1988 prägte Bath den Begriff »Laserphaco«, eine Abkürzung von »Photoablative cataract surgery«, in deren Mittelpunkt ihre Erfindung der Laser-Phaco-Sonde steht. Mit diesem Gerät für die laserunterstützte Kata­raktchirurgie konnte seither weltweit das Sehvermögen von Patienten wiederhergestellt werden, die zum Teil seit Jahrzehnten erblindet waren. Bath war damit die erste afroamerikanische Ärztin, die ein medizinisches Patent erhielt.

Warum nun ist es mir so wichtig, über Leben und Werk von Dr. Patricia Bath zu berichten? Weil sie eine afroamerikanische Ärztin war, die vielen Schwarzen in den USA ihr Sehvermögen zurückgab. Aber es gibt noch einen weiteren Grund. Vor Monaten eröffnete mir ein Augenarzt, dass auch ich am grauen und am grünen Star erkrankt bin. Diese Nachricht traf mich wie ein Schlag. Vor einem Monat verschlechterte sich dann mein Sehvermögen so sehr, dass ich weder Bücher noch Zeitungen lesen konnte. Deshalb erregte die Nachricht über Dr. Baths Leben und ihren Tod bei mir besondere Aufmerksamkeit. Sie war 76 Jahre alt, als sie am 30. Mai in einer Klinik in San Francisco starb. Ich sehe nun der Behandlung entgegen, deren Fortschritt Dr. Patricia Bath wesentlich geprägt hat.
Übersetzung: Jürgen Heiser

Nachtrag zur aktuellen gesundheitlichen Situation des Autors:
Nach einem Besuch am 10. Juni bei ihm im Gefängnis informierte Noelle Hanrahan vom Prison Radio Project, dass Mumia Abu-Jamal das Lesen unverändert schwerfalle. Außer seiner Brille habe er keine Lesehilfen wie zum Beispiel eine Lupe. Mittels Tropfen gegen das Glaukom habe sich der Augeninnendruck verringert. Der zuständige Anstaltsarzt Dr. Roberts habe jetzt den Katarakteingriff an beiden Augen genehmigt, jedoch erklärt, die Terminierung werde »ein paar Monate« dauern. Von Hanrahan nach einer »Freilassung aus humanitären Gründen« befragt, habe Abu-Jamal geantwortet, er würde »jede Art von Freilassung begrüßen«. Seine Anwälte hätten jedoch noch keinen Antrag auf Haftverschonung gestellt. Er sei damit einverstanden, wenn die Öffentlichkeit sich an Dr. Roberts wende, »um die Terminierung der Katarakt-OP zu beschleunigen.«
(jh)


Links im Artikel: 1
[1] https://www.jungewelt.de/artikel/356802.kampf-um-das-augenlicht.html

Ausdruck von: http://freedom-now.de/news/artikel1713.html
Stand: 24.11.2024 um 01:43:24 Uhr