Wie Robert R. Bryan aus San Francisco, Hauptverteidiger von Mumia Abu-Jamal, jetzt mitteilte, hat er am 22. März die Ladung zur mündlichen Anhörung vor dem 3. Bundesbezirksgericht in Philadelphia für Donnerstag, den 17. Mai 2007, um 9:30 Uhr erhalten. Der öffentliche Termin - an dem Mumia Abu-Jamal allerdings nicht teilnehmen darf - findet im »Ceremonial Courtroom« im 1. Stock des U.S. Courthouse an der Ecke 6. und Market Street statt. Der Legal Defense and Educational Fund der Bürgerrechtsorganisation NAACP und der Anwaltsverein National Lawyers Guild, die sich mit Petitionen - sogenannten amicus curiae briefs - an das Gericht gewandt und gefordert hatten, dem weltweit bekannten Journalisten endlich Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, werden neben internationalen BeobachterInnen ebenfalls im Gerichtssaal anwesend sein.
In der Anhörung können die beiden Verfahrensparteien ihre bereits eingereichten Anträge mündlich begründen und werden dazu von den drei Bundesrichtern detailliert befragt. Der Verteidigung geht es darum, das im Juli 1982 gegen ihren Mandanten gefällte Todesurteil aufheben zu lassen , weil es wegen der rassistischen Verhandlungsführung des damals vorsitzenden Richters Albert Sabo und des Bezirksstaatsanwalts Joseph McGill gegen die US-Verfassung und internationale Menschenrechtsgarantien verstößt.
Die Bezirksstaatsanwaltschaft will demgegenüber weiter auf die Hinrichtung Abu-Jamals drängen. In einem verzweifelten Versuch hatte diese Behörde erst kürzlich noch beantragt, das 3. Bundesberufungsgericht möge sich insgesamt in diesem Fall »für befangen erklären«. Über die Gründe kann nur spekuliert werden, aber sicherlich ist es der Anklagebehörde schon verdächtig genug, daß sich die Bundesrichter überhaupt sachlich mit diesem Fall befassen wollen. Rechtsanwalt Bryan zu dem Befangenheitsantrag: »Wir erwiderten auf diesen absurden Antrag, das Ansinnen der Gegenpartei sei ›völlig unbegründet und von daher nur zurückzuweisen‹. Am 10. März [2007] erteilte das Bundesgericht der Staatsanwaltschaft eine scharfe Rüge wegen ihres unsachgemäßen Vorgehens und teilte mit, es werde sich mit dem Antrag nicht inhaltlich befassen.«
Mit einer Entscheidung des Bundesgerichts über die mögliche Wiederaufnahme des Verfahrens ist allerdings nicht in der Anhörung, sondern erst geraume Zeit danach zu rechnen, da das Gericht an keine Fristen gebunden ist. Die Verteidigung geht aber davon aus, daß an der Art und Weise, wie die drei Berufsrichter Fragen stellen und auf die Erläuterungen der Verfahrensparteien reagieren werden, zumindest andeutungsweise eine Tendenz ihrer endgültigen Entscheidung erkennbar sein wird. (Siehe zu den rechtlichen Fragen, um die es vor dem Bundesgericht geht, den auf dieser Website weiter unten veröffentlichten Artikel von Dave Lindorff »Ohne wirkliche Verteidigung«.)
Rechtsanwalt Bryan schließt seine Mitteilung über den Anhörungstermin mit den Worten: »Meine Mitverteidigerin, Prof. Judith Ritter, und ich haben diesen Fall übernommen, um einen neuen und fairen Prozeß für Mr. Abu-Jamal durchzusetzen. Unser Ziel ist die Freiheit unseres Mandanten. Unabhängig davon befindet er sich in großer Gefahr. Wenn wir verlieren, wird er hingerichtet werden.. Wir danken Ihnen deshalb für ihr Interesse am Kampf für die Menschenrechte und gegen die Todesstrafe.«
In den USA rufen die UnterstützerInnen von Mumia Abu-Jamal unterdessen dazu auf, am 17. Mai möglichst zahlreich vor dem Gerichtsgebäude präsent zu sein und Mumias Freiheit und die Abschaffung der Todesstrafe zu fordern. Rechtsanwalt Bryan hofft, für die internationalen BeobachterInnen Plätze im Gerichtssaal reservieren zu können, da mit einem großen Andrang von Publikum und Medien zu rechnen ist.
Jürgen Heiser