Kolumne 12.09.09: Gesundheit im Ausverkauf

12.09.09 (von maj) Nichts bleibt wie es ist – Obamas Reform wird die Profite erhöhen und die Leistungen verschlechtern

Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 212 - 12./13. September 2009

Das Weiße Haus ringt in diesen Tagen mit dem US-Kongreß um eine Veränderung des Krankenversicherungssystems, aber die Weichen sind längst gestellt und die Absprachen mit den Großkonzernen der US-Gesundheitsindustrie bereits getroffen. Wieder einmal werden die einfachen Bürger am Ende mit leeren Händen dastehen.
Bei der seit Monaten hitzig geführten Reformdebatte über den Umbau des US- Krankenversicherungssystems mit seinen Hunderten von konkurrierenden Versicherngsunternehmen – dem sogenannten »Multi-payer«-System – bot die Obama-Regierung ursprünglich als Alternative das »Single payer«-System nach europäischem Vorbild an, bei dem alle Ärzte und Krankenhäuser für ihre jeweiligen Dienstleistungen aus dem Topf einer Regierungsstelle bezahlt werden. Das hätte natürlich der immensen Profitmacherei der Versicherungskonzerne einen Riegel vorgeschoben, die jährlich Kosten von 350 Milliarden US-Dollar verursacht. Leider hat die Regierung diesen zentralen Punkt ihrer Reform schon im frühen Stadium der Auseinandersetzung in einer Art vorauseilendem Gehorsam zurückgenommen, um die großen Versicherungskonzerne zu beruhigen, daß weder ihre Profite noch ihr Wachstum gemindert werden.
Getreu dem Motto »A change, we can believe in« ist der Wandel, den Obama den Konzernen jetzt anbietet, wahrlich einer, an den sie glauben können. Denn jetzt werden sie Millionen neue Kunden bekommen, die ihnen die Kassen füllen. Und vor eventuellen größeren Kosten, die ihnen durch vermehrte Krankenkosten entstehen, sollen sie gesetzlich geschützt werden. Das Geld, das eigentlich dazu dienen sollte, die Mängel der öffentlichen Gesundheitsversorgung zu beheben, wird nun doch in Kanäle fließen, in denen es sich in Konzernprofite und Managerboni verwandelt. Mit dem, was von der Reform übrig bleibt, ist dieses Geld verloren und damit die Hoffnung von Millionen Menschen, daß das marode Gesundheitssystem der USA endlich verbessert würde.
Hat wirklich jemand geglaubt, daß die Versicherungskonzerne Obama und ausgesuchten Kongreßmitgliedern Millionen an Wahlkampfspenden zugesteckt haben, weil ihnen ihre Gesichter so gut gefielen? Sie würden jeden mit Geld überhäufen, wenn sie sich davon höhere Profite versprechen würden. Getreu dem Spruch »Du bekommst das, wofür du bezahlt hast« haben die Konzerne Politiker geschmiert, und nun bekommen sie den Lohn dafür.
Was ist mit dem großen Geschrei auf den Versammlungen der Gegner der Reform? Darum wird viel Aufhebens gemacht, aber wie es in Shakespeares »Macbeth« heißt, ist das nur »Klang und Wut, bar jeder Bedeutung«. Die meisten dieser Gegner haben Obama nicht gewählt und schimpfen ihn einen »Sozialisten«, der »sein Regierungsamt ausnutzt, um die staatliche ›Medicare‹ durchzusetzen«. Diese Leute sind verblendet und aufgehetzt. Viele von ihnen glauben immer noch, daß Obama im ostafrikanischen Kenia geboren wurde.
Die Obama-Regierung wird ein Gesetz durchbringen, und der Präsident wird es unterzeichnen, aber es wird letztlich das System der Krankenversicherung nicht verbessern, sondern verschlechtern. Die Versicherungen werden weiter das Sagen haben, sie werden die Beiträge und die Selbstbeteiligungen erhöhen und die Leistungen verschlechtern. Am Ende werden nur ihre Profite gesteigert. Trotzdem wird man das Gesetz feiern, und die Werbestrategen werden dafür sorgen, daß es dabei zugeht wie bei der Gewinnerbekanntgabe von »Amerika sucht den Superstar«. Aber das alles ändert nichts daran, daß es schlicht und einfach ein Ausverkauf ist. Der könnte nur verhindert werden, wenn die Mehrheit der Betroffenen Krach schlagen würde.

Übersetzung: Jürgen Heiser


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Stand: 24.11.2024 um 00:51:27 Uhr