US-Präsident Obama kann Mumia Abu-Jamal nicht begnadigen

21.12.09 (von ivk) In einem Leserbrief an junge Welt hat Heinz-W. Hammer, Vorsitzender der Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba e.V., Regionalgruppe Essen, unter Hinweis auf Artikel II Abschnitt 2 der US-Verfassung erklärt, entgegen der Aussage von Annette Groth, menschenrechtspolitische Sprecherin der Bundesfraktion Die Linke, in einem Interview in junge Welt vom 19.12.09 (siehe nächsten Artikel auf dieser Website), könne Obama sehr wohl auch Mumia Abu-Jamal begnadigen. Da auch das IVK Bremen – wie Annette Groth – in der Vergangenheit nach eingehender Beratung mit Mumias Hauptverteidiger Robert R. Bryan korrekt erklärt hat, nicht Obama, sondern nur Gouverneur Ed Rendell von Pennsylvania habe das hoheitliche Recht, Mumia zu begnadigen, veröffentlichen wir hier die Richtigstellung von Rechtsanwalt Bryan (die am 24.12.09 als Leserbrief in junge Welt veröffentlicht wurde) und dokumentieren den angesprochenen US-Verfassungsartikel sowie die Antwort von Heinz-W. Hammer für die FG BRD-Kuba e.V., Regionalgruppe Essen auf Robert R. Bryans Erklärung

Robert R. Bryan: Obama kann Mumia nicht begnadigen
San Francisco, 21. Dezember 2009

Zu jw vom 21. Dezember; Leserbrief von Heinz-W. Hammer, Vors. Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba e.V. Regionalgruppe Essen, »Begnadigung möglich«

Das Internationale Verteidigungskomitee (IVK) Bremen und Annette Groth, Abgeordnete der Bundestagsfraktion Die Linke, haben Recht. Auch wenn es verständlich ist, warum solche Konfusion entsteht, sollte bitte zur Kenntnis genommen werden, daß euer Handeln durch Mumia und mich als seinen Hauptverteidiger autorisiert ist.
Mumia ist vom Court of Common Pleas, einem Staatsgericht für Straf- und Zivilrechtsprechung in Pennsylvania, zum Tode verurteilt worden. Er wurde nicht wegen eines Verbrechens nach dem Bundesgesetz verurteilt. Demzufolge ist Artikel II, Abschnitt 2 der U.S.-Verfassung auf ihn nicht anwendbar. Er unterliegt der Rechtsprechung des Bundesstaates [Pennsylvania]. Bedauerlicherweise hat Präsident Obama deshalb keine direkte Kontrolle über Mumias Schicksal. Er kann das Todesurteil nicht umwandeln, wenngleich sein Wort großen Einfluß hat.
Wir sind dem IVK, Frau. Groth, der Partei Die Linke, der Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba e.V. und allen, die für Gerechtigkeit und gegen die Todesstrafe kämpfen, außerordentlich dankbar.
Mit besten Wünschen
Robert R. Bryan, Hauptverteidiger von Mumia Abu-Jamal
Law Offices of Robert R. Bryan
2088 Union Street, Suite 4
San Francisco, CA 94123-4117
[Per E-Mail am Montag, 21.12.09, um 8:25 Uhr eingegangen]

Anhang vom IVK
DOKUMENTATION Artikel II Abschnitt 2 der US-Verfassung

»Aricle II - The Executive Branch
Section 2 - Civilian Power over Military, Cabinet, Pardon Power, Appointments
The President shall be Commander in Chief of the Army and Navy of the United States, and of the Militia of the several States, when called into the actual Service of the United States; he may require the Opinion, in writing, of the principal Officer in each of the executive Departments, upon any subject relating to the Duties of their respective Offices, and he shall have Power to Grant Reprieves and Pardons for Offenses against the United States, except in Cases of Impeachment.«

Autorisierte deutsche Übersetzung:
»Der Präsident ist Oberbefehlshaber der Armee und der Flotte der Vereinigten Staaten und der Miliz der Einzelstaaten, wenn diese zur aktiven Dienstleistung für die Vereinigten Staaten aufgerufen wird; er kann von den Leitern der einzelnen Anteilungen der Bundesregierung die schriftliche Stellungnahme zu Angelegenheiten aus dem Dienstbereich der betreffenden Behörde verlangen, und er hat, außer in Amtsanklagefällen, das Recht, Strafaufschub und Begnadigung für Straftaten gegen die Vereinigten Staaten zu gewähren.«

Anmerkung des IVK:
Mit der Formulierung »...Strafaufschub und Begnadigung für Straftaten gegen die Vereinigten Staaten« ist deutlich zum Ausdruck gebracht, daß dies nur Fälle betrifft, die nach Bundesgesetz verfolgt wurden, was auf Mumia Abu-Jamal eben nicht zutrifft.

Von der FG BRD-Kuba e.V., Regionalgruppe Essen erreichte uns am 22.12.09 folgende Antwort:
Wir bedanken uns bei Jürgen Heiser vom Internationalen Verteidigungskomitee (ivk) sowie insbesondere bei RA Robert R. Bryan für die zeitnahe Klarstellung und stellen fest, dass unsere Richtigstellung zu Frau Groths Behauptung (»Der Präsident ist nicht befugt, Verurteilte zu begnadigen. Das kann er nur in dem Moment, in dem er sein Amt niederlegt«) zu recht erfolgte, wir aber dabei nicht berücksichtigt haben, dass Mumia nicht wegen eines Verbrechens nach dem Bundesgesetz verurteilt wurde, weshalb der Artikel II, Abschnitt 2 der U.S.-Verfassung auf ihn nicht anwendbar ist und er daher – leider – auch keine Chance auf Begnadigung durch Obama hat.
Wir werden uns weiterhin für die Befreiung der Miami 5 einsetzen und uns ebenso weiterhin am Kampf für das Leben und die Freiheit von Mumia beteiligen.
Mit internationalistischem Gruß
i.A. Heinz-W. Hammer

Letztes Wort vom IVK dazu:
Die letzte Instanz sind wir – nur die Internationale erkämpft das Menschenrecht
Ungeachtet der nun erfolgten juristischen Klärung, die dazu dient, nicht der Illusion auf den Leim zu gehen, wir könnten uns quasi auf Obamas »Recht« verlassen, Mumia zu begnadigen, stimmen wir mit der Regionalgruppe Essen der FG BRD-Kuba darin über, daß es natürlich richtig ist, an Obama zu appellieren, seinem propagierten Veränderungswillen (»Change«) auch in der Frage von Mumias drohender Hinrichtung bzw. der Todesstrafenpraxis der USA allgemein Taten folgen zu lassen.
Wir müssen auf allen Ebenen den Hebel ansetzen, damit wir, die internationalistische Solidaritätsbewegung, unserer Aufgabe als »letzte Instanz« nach Ausschöpfung aller Rechtsmittel vor dem Supreme Court gerecht werden.

FREE MUMIA ABU-JAMAL, LEONARD PELTIER & THE MIAMI FIVE!
22. Dezember 2009
IVK Bremen


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Stand: 23.11.2024 um 23:08:18 Uhr