Kolumne # 535 vom 26.03.2011: Eine Katastrophe wie der Irak-Krieg

26.03.11 (von maj) Die US-Administration verteidigt die militärische Intervention in Libyen

Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 72 – 26./27. März 2011

Als der arabische Frühling auch in der Region des mediterranen Afrika ausbrach und die Menschen in Opposition gegen ihre erstarrten und kleptokratischen Herrscherdynastien zu Hunderttausenden auf die Straße gingen, steckte der Westen seine große Nase in die inneren Angelegenheiten dieser Länder und provozierte einen neuen Krieg. Unter dem Segen des UN-Sicherheitsrats und der Arabischen Liga griff man zur Rechtfertigung des militärischen Einschreitens zu solch nützlichen Euphemismen wie »Durchsetzung einer Flugverbotszone« und »Schutz der Zivilbevölkerung«. Wer von uns jedoch über ein wenig Erinnerungsvermögen verfügt, wird sich noch gut an die zehn Jahre währende britisch-amerikanische Flugverbotszone über dem Irak erinnern, mit der die Voraussetzungen für den Einmarsch und das nachfolgende Desaster im Irak geschaffen wurden.
Im Jahr 2008 kandidierte der demokratische Senator Barack Obama erfolgreich für das US-Präsidentenamt. Damals schien es so, als wäre er auch deshalb gewählt worden, weil man von ihm erwartete, die US-Truppen zumindest aus einem dieser wahnsinnigen Kriege abzuziehen. Unter dem Druck der Rechten und der Wirtschaftselite knickte er jedoch ein und öffnete einem neuen Krieg Tür und Tor. Zu Libyen heißt es nun, das sei nicht das Gleiche, es gehe doch nur um die Durchsetzung einer Flugverbotszone und nicht um eine militärische Offensive. Außerdem sei die Situation in Libyen eine völlig andere als im Irak.
Demgegenüber muß man aber wohl die Tatsache anerkennen, daß jede bewaffnete Intervention in den inneren Konflikt eines Landes ein Krieg ist. Als sich Frankreich um 1776 im Kampf gegen die britische Kolonialmacht auf die Seite der US-amerikanischen Unabhängigkeitskämpfer schlug, wurde es zum Kombattanten im Krieg gegen die englische Krone. Und die Durchsetzung einer Flugverbotszone ist genauso wie jede Seeblockade ein Akt des Krieges.
In Libyen wurden die Schleusen des Krieges durch die »Koalition der Willigen« und die NATO weit geöffnet. Dieser Krieg wird wie der Irak-Krieg in einer Katastrophe enden. Und nach einiger Zeit werden wir wieder zurückschauen und uns fragen, wie es nur so weit kommen konnte.

Übersetzung: Jürgen Heiser


Ausdruck von: http://freedom-now.de/news/artikel720.html
Stand: 24.11.2024 um 01:44:52 Uhr