Kolumne # 544 vom 28.05.2011: Im Höllenknast

28.05.11 (von maj) Sexuelle Übergriffe von Häftlingen und Wärtern auf Strafgefangene in Pittsburgh, Pennsylvania

Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 123 – 28./29. Mai 2011

Im Staatsgefängnis von Pittsburgh, Pennsylvania, haben Gefangene und Wärter das Phänomen des Eingesperrtseins noch infernalischer gemacht, als es normalerweise schon ist. Nach dem Bericht zumindest eines Radiosenders wurden in dieser Einrichtung mit mittlerer bis geringer Sicherheitsstufe mehrere Strafgefangene, die vor allem wegen sexueller Straftaten an Kindern verurteilt sind, von anderen Gefangenen vergewaltigt. Einige Wärter verschiedener Dienstgrade sollen Beihilfe geleistet haben, indem sie beide Augen zudrückten und die Mißhandlungen geschehen ließen.
Zwar gibt es keine offizielle Bestätigung der Radiomeldung, die oberste Gefängnisbehörde Pennsylvanias vollzog jedoch einen beispiellosen Schritt: Sie feuerte den Leiter des Gefängnisses und zwei stellvertretende Oberaufseher. Noch bedeutender war aber etwas, das es in diesem Bereich so noch nie zuvor gegeben hatte, daß nämlich acht Gefängniswärter schon vor einiger Zeit ohne Bezahlung vom Dienst suspendiert wurden und eine Grand Jury die Ermittlungen zu den sexuellen Übergriffen aufnahm, um über eine mögliche Anklageerhebung gegen die Beamten zu entscheiden.
Kein Regierungssprecher des Bundesstaats hat diese Vorgänge bislang offiziell kommentiert, jedoch legen die sofortigen Entlassungen höchster Gefängnisbeamter den Schluß nahe, daß »etwas faul ist im Staate Dänemark« (»Something is rotten in the state of Denmark«, aus Shakespeares Hamlet).
Besonders hervorzuheben ist an dieser Sache, daß das Staatsgefängnis von Pittsburgh im Jahr 2005 aus personellen, finanziellen und Sicherheitsgründen geschlossen worden war. Heute ist es deshalb nicht mehr das Hochsicherheitsgefängnis, das es bis dahin war. Im Jahr 2007 wurde es als Behandlungszentrum wiedereröffnet, als eine Art Gefängnisklinik für männliche Gefangene, die an Drogensucht, körperlichen Gebrechen oder ernsthaften psychischen Erkrankungen leiden. Deshalb wurde das Staatsgefängnis nach seiner Wiedereröffnung auch als Einrichtung mit mittlerer bis geringer Sicherheitsstufe neu klassifiziert.
Daß nun ausgerechnet diese Gefangenen, denen man eine Behandlung versprochen hatte, von anderen Gefangenen und möglicherweise sogar von Wärtern auf derart gemeine Art mißhandelt wurden, gibt uns eine vage Vorstellung davon, wie vergiftet das Klima im US-Gefängnissystem ist.

Übersetzung: Jürgen Heiser


Ausdruck von: http://freedom-now.de/news/artikel744.html
Stand: 24.11.2024 um 01:42:27 Uhr