Kolumne # 599 vom 16.06.2012: Kriegspräsident Obama

16.06.12 (von maj) Geräuschloser, aggressiver und noch skrupelloser als sein Vorgänger George W. Bush

Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 138 – 16./17. Juni 2012

Für viele Menschen, die unter der Regierungszeit von Ex-US-Präsident George W. Bush stöhnten, schien die Amtsübernahme durch seinen Nachfolger Barack Obama eine Erlösung wie die aufgehende Frühlingssonne nach einem Chaos und Zerstörung bringenden Sturm zu sein. Wer konnte schon ahnen, daß sich der Aufstieg Obamas gewissermaßen als eine Fortsetzung der Ära Bush entpuppen würde? Bush lebte mit den Kriegen seine Sturm- und Drangzeit aus und gab gern damit an, ein »Kriegspräsident« zu sein. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger spricht Obama jedoch selten über den Krieg. Er prahlt nicht damit, führt den Krieg aber mit einer Intensität, die man nur als niederschmetternd bezeichnen kann.
Nach einem kürzlich veröffentlichten Artikel der New York Times hat sich Obama zum »Geheimkrieger« entwickelt, der Drohnenangriffe gegen Menschen befiehlt, die im Verdacht stehen, »Feinde der Vereinigten Staaten« zu sein. Die Zahl der Angriffe hat ein Ausmaß erreicht, daß es selbst seinem kriegslüsternen Vorgänger George W. Bush schwindlig geworden wäre.
Gegen Afghanistan und Pakistan und die miteinander verbündeten Stämme im Grenzgebiet beider Länder sowie gegen Jemen und Somalia herrscht ein lautloser Drohnenkrieg. Die computergesteuerten unbemannten Flugkörper stoßen todbringend vom Himmel herab und löschen »Verdächtige« und ihre Familien, Nachbarn und ganze Klans aus.
Eigentlich müßte es verwundern, daß davon jemand überrascht sein kann, denn Obama hat genau das angekündigt, was er jetzt tut, nämlich »Terrorismusverdächtige« zu attackieren, egal, wo sie sich aufhalten, und »Osama bin Laden lebend oder tot zu ergreifen«. Aber des tollpatschigen Bush völlig überdrüssig, ignorierten Obamas Anhänger dessen Versprechen oder gaben vor, sie nicht gehört zu haben.
In Wahrheit ist Obama jedoch weitaus martialischer als Bush. Seine Kriegführung ist technologisch ausgefeilter und zielgerichteter, und im Gegensatz zu Bush redet er weniger darüber. Ein Kommentator sagte, Obama sei wie ein unter Steroide gesetzter Bush – geräuschloser, aggressiver und noch skrupelloser. Und ob wir wollen oder nicht: Genau das ist Obamas Welt, für die wir 2008 unsere Stimme abgegeben haben.

Übersetzung: Jürgen Heiser


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Stand: 24.11.2024 um 00:50:42 Uhr